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Der schönste
Platz ist an
der Theke

Wefing steht für Gastlichkeit

Von Julia Lüttmann
Lenzinghausen (SN). 950 Jahre wird Lenzinghausen in diesem Jahr alt. Die Dorfgemeinschaft hat anlässlich dieses Jubiläums zehn Festtage veranstaltet, die Redaktion der SPENGER NACHRICHTEN blickt zurück auf Geschichte und Geschichten aus 950 Jahren Lenzinghausen. In der 14. Folge der »Lenzinghauser Geschichte(n)« steht die Traditionsgaststätte Wefing im Mittelpunkt.

Das Familienunternehmen Wefing kann auf eine 134-jährige Firmengeschichte zurückblicken. Albert Heinrich Wefing, Urgroßvater des heutigen Besitzers Joachim Wefing, gründete das Unternehmen in den Nachkriegsjahren 1870/71. Zunächst wurde das Geschäft als Lebensmittelladen und Konditorei geführt, 1872 erhielt Albert Wefing die Schanklizenz. Seither ist Wefing in Lenzinghausen ein Synonym für Gastlichkeit, Dorfgemeinschaft und Kommunikation.
Hier trafen sich die Männer abends, um bei einem Feierabendbier zu entspannen; hier gründeten sich der Sportverein und trainierte im großen Saal; hier wurden Theaterstücke aufgeführt; hier fuhren die Soldaten ab, wenn es zurück an die Front ging und hier befand sich auch eines der ersten Telefone der Gemeinde Lenzinghausen.
Doch in erster Linie wurde bei Wefing - selbstverständlich - gefeiert. Ob im Café, dem kleinen Saal oder dem 1925 errichteten Festsaal: Unzählige Familienfeiern und Tanzabende, aber auch Theateraufführungen und Karnevalspartys haben die Räume in den vergangenen Jahrzehnten gesehen. Dabei waren die Gäste damals bei weitem nicht so anspruchsvoll wie heute.
Der 300 Quadratmeter große Saal wurde mit Kanonenöfen geheizt. Warm hatte es nur, wer direkt neben dem Ofen saß. Bis zu 600 Gäste tummelten sich in der Nachkriegszeit bei den sonntäglichen Tanzveranstaltungen. Es wurde getanzt, geflirtet und die Gäste ließen sich das so genannte Fliegerbier und Selbstgebrannten schmecken. »Damals ging es sehr rustikal zu«, erinnert sich Gustav Wefing, Onkel des heutigen Besitzers Joachim Wefing. »Es gab auch häufiger mal Schlägereien.« Aber er und seine Brüder Wilhelm, Heinz, Hugo und Erich, der später den Laden übernahm, behielten immer die Oberhand.
Zu dieser Zeit war Wefing ein echter Familienbetrieb. Neben Bäckermeister Paul Wefing war seine Frau Emma die Seele des Betriebs. Ihre Söhne fassten immer mit an. Heinz Wefing, der Bäcker gelernt hatte, unterstütze seine Familie bis ins hohe Alter von 84 Jahren und stand regelmäßig in der Backstube. »Aber es war immer klar, dass Erich den Betrieb übernehmen würde«, erinnert sich Gustav Wefing noch genau. Zusammen mit seiner Ehefrau Ilse ließ Erich Wefing die Gaststätte in den 1970er Jahren umbauen. Damals verschwand der Biergarten, auch der große Saal wird seit dieser Zeit nicht mehr genutzt. Statt der großen Feiern mit mehreren hundert Gästen konzentrierte man sich nun auf Familienfeiern aller Art. Und so ist es heute noch: Bis zu 120 Gäste werden im Restaurant »Zur Heinrichshöhe« bewirtet, außerdem können sich die Kunden in der Gaststube oder im Café verwöhnen lassen. Konditormeister Joachim Wefing ist bekannt für seine köstlichen Sahnetorten aus eigener Herstellung.
Seit vier Generationen sind die Wefings nun Gastwirte und Bäcker - »eigentlich eine schlechte Kombination«, meint Joachim Wefing. Denn an Schlaf ist an den Wochenenden kaum zu denken. Dennoch war es für ihn klar, dass er den Betrieb übernehmen würde. Der Name Wefing verpflichtet in Lenzinghausen eben.

Artikel vom 14.10.2006