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Nazi-Kunst in Herford zu sehen

Erste gemeinsame Ausstellung von Kunsthalle Bielefeld und MARTa in Vorbereitung

Von Gerold Brinkmann
Herford/Bielefeld (HK). Die Kunsthalle Bielefeld und das Museum MARTa planen für Sommer 2007 ihre erste gemeinsame Ausstellung. Unter dem Titel »1937« sollen in Bielefeld Werke von Künstlern gezeigt werden, die von den Nazis als »Entartete Kunst« diffamiert wurden. In Herford soll nationalsozialistische »Kunst« zu sehen sein.

Die Ausstellung ist für die Zeit vom 3. Juni bis 7. Oktober unter dem Gesamttitel »1937. Deutschland und Europa. Perfektion und Zerstörung« geplant. Sie nimmt Bezug auf die 1937 gegründete »Reichskammer der bildenden Künste«. Wenige Monate später diffamierte die am 19. Juli 1937 eröffnete Ausstellung »Entartete Kunst« über einhundert aus öffentlichen Sammlungen verbannte Künstler. 600 konfiszierte Kunstwerke aus 32 Museen wurden in München in verächtlich machender Weise zur Schau gestellt.
»In der Kunstgeschichte steht das Jahr 1937 für den Beginn eines Alptraums, den die internationale Kunst dieser Zeit höchst eindrucksvoll reflektiert. Es geht um die große Synopse einer gänzlich zerrissenen, auf das große Morden wartenden Zeit. Hinter der Perfektion verbergen sich die friedvollen Positionen von Konstruktivisten und der Gruppe »Cercle et Carré« (Paris 1937) nicht allein. Es geht auch um die Verbrämung, mit der Hitlers Regierung die Arbeitsfronten in Deutschland, den Autobahnbau und die kulturelle Rückkehr zur vorindustriellen Bäuerlichkeit zu beschönigen verstand«, heißt es in einer Ankündigung.
»Mit ÝZerstörungÜ in ihren Darstellungen reagierten darauf von 1936 bis 1938 Künstlerpersönlichkeiten wie Pablo Picasso, Max Ernst, René Magritte, ebenso wie Max Beckmann, Wassily Kandinsky, Paul Klee und viele andere. Sie sahen die Gefahren, die von den faschistisch geprägten Ländern Europas und der Sowjetunion ausgingen. Der um sich greifenden Zerstörung ab 1937 haben sie in der Kunst ein einzigartiges Denkmal gesetzt.«
In der Kunsthalle Bielefeld werden die Reaktionen der wichtigsten deutschen und internationalen Künstlerinnen und Künstler auf das Schicksalsjahr 1937 mit herausragenden Gemälden, Skulpturen, Zeichnungen, Fotografien und Filmen gezeigt.
Das MARTa Herford will, wie es heißt, im Gegensatz dazu und quasi im Dialog, »ausgehend von Albert Speers Architekturmodellen wie sein Modell ÝGermaniaÜ, die nationalsozialistische Kunst von Arno Breker, Josef Thorak und Leni Riefenstahl präsentieren.« Ebenso wolle sich das MARTa den Künstlerbewegungen und den Großausstellungen von 1937 widmen.
Die Kunsthalle Bielefeld und MARTa arbeiten seit geraumer Zeit zusammen. In drei Veranstaltungen wurden Kunstfreunde aus Bielefeld eingeladen, das MARTa Herford zu besichtigen, umgekehrt schauten sich Herforder Kunstfreunde in Bielefeld um. Geplant ist, die gemeinsame Ausstellung gemeinsam zu vermarkten.
Die Präsentation von Kunst, die der Ideologie des Nationalsozialismus nahestand, ist umstritten, eine Ausstellung mit Werken von Arno Breker geriet in Schwerin in die Schlagzeilen. Über das Kostenvolumen der Ausstellung gibt es keine Angaben. Die Ausgaben seien nicht unerheblich, heißt es. Bei der Kunststiftung NRW wurde ein Zuschussantrag gestellt.

Artikel vom 12.10.2006