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Einfach köstlich

Wo gute Küche heimisch ist

Ostwestfalen-Lippe kann sich einer Ess- und Trinkkultur rühmen, die von der ländlich einfachen Ernährung bis hin zu kulinarischen Hochgenüssen reicht. Die Tradition lebt maßgeblich in und durch zahlreiche Restaurants und gut geführte Gastronomiebetriebe, die es zudem verstehen, festlich aufzutischen.
Bis zum Jahr 1900 etwa ging es vor allem darum, satt zu werden. Zahlreich sind die Bekundungen historischer Zeitgenossen - Durchreisende übrigens -, die von der diffamierenden Bezeichnung »Breifresser« bis hin zu offenem Spott über das westfälische Schwarzbrot reichten: »Armes Volk, das seine eigene Erde essen muss«, mutmaßte der Niederländer Justus Lipsius um 1580. Dieses Mitleid war völlig fehl am Platz.
Denn längst bevor neueste wissenschaftliche Erkenntnisse den Vitamin- und Ballaststoffreichtum des Pumpernickels bestätigten, mit dem heute in der gehobenen Küche himmlische Köstlichkeiten gezaubert werden, wusste man in der Region nicht nur seine Nahrhaftigkeit, sondern insbesondere seinen Geschmack zu schätzen. Genuss war also kein Fremdwort hierzulande.
Allerdings spricht ein Exkurs in die Sprachgeschichte eher dafür, dass unseren Vorfahren »Genuss« im Sinne überschwänglichen Gaumenkitzels fremd war. Genießen leitet sich vom althochdeutschen Wort »giniozan« und vom gotischen Begriff »ganiutan« ab und hatte ursprünglich die Bedeutung von »fangen, ergreifen«. Also, das, was ich fange, gehört mir, ich benutze es und habe Freude daran. Im heutigen Sprachgebrauch hat das Wort »genießbar« die sachliche Bedeutung von »essbar, unverdorben«.
Und doch finden sich schon früh auch Belege dafür, dass die Menschen in dieser Region eine eigene, geradezu eigenwilige feinschmeckerische Vorstellung vom Paradies auf Erden hatten. Bildliches Zeugnis davon liefert »Das westfälische Abendmahl«, ein Kirchenfenster der Soester Wiesenkirche, das das Abendmahl Christi auf westfälische Art, sprich, mit Schinken, Schweinskopf, Pumpernickel, Bier und zwei Korngläsern darstellt.
Im Lauf der Zeit ist zwischen Teutoburger Wald und Wiehengebirge eine unverwechselbare Ess- und Trinkkultur entstanden, typisch für die Region, aber mit zahlreichen neuen Ideen verfeinert und auf hohem Niveau, so dass jeder auf seine Kosten kommt, selbst anspruchsvolle Feinschmecker. (Quelle: Journal »Westfälisch genießen)

Artikel vom 15.12.2006