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Abschlussfahrt führt
Zehntklässler nach Polen

Jahn-Realschüler besuchen Krakau und Auschwitz


Lübbecke (WB). Berlin oder München, London oder Amsterdam, vielleicht auch - etwas gewagter - Mallorca sind die üblichen Antworten von Schülern, wenn der Lehrer eines Morgens fragt: »Und wohin wollt ihr in Klasse 10 eure Abschlussfahrt machen?« Die Klasse 10 d der Jahn-Realschule mochte es aber ganz anders. Die jungen Leute entschieden sich für Krakau, die »heimliche Hauptstadt« Polens.
Und so entwickelte die Klasse mit ihren Lehrern Renate Kabermann und Andreas Flender ein Programm für fünf Tage, das abwechslungsreich und unterhaltsam war, aber auch sehr zum Nachdenken anregte. Neben der Stadt Krakau, dem Salzbergwerk von Wieliczka und dem Ferienort Zakopane in der etwa 100 Kilometer südlich gelegenen Hohen Tatra standen auch Besuche im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz (75 Kilometer westlich) und im einstigen jüdischen Ghetto von Krakau auf dem Programm. Eine gründliche Vorbereitung im Rahmen des Religions- und Geschichtsunterrichtes hatte die jungen Leute auf den schweren Gang durch das ehemalige Lager Auschwitz I und auf den Weg über die berüchtigte Rampe in Auschwitz II-Birkenau vorbereitet.
Im Krakauer Stadtteil Kazimierz erinnern mehrere Synagogen und Friedhöfe an die rund 500-jährige jüdische Geschichte der Stadt. Vor 1939 lebten dort 75 000 Juden, heute kaum mehr als 100. Der Regisseur Steven Spielberg drehte seinen Film »Schindlers Liste« an Originalschauplätzen. In guter Kenntnis des Films besuchten die Realschüler die Überreste des einstigen Ghettos und die berühmte Apotheke des Polen Tadeusz Pankiewicz, der zahlreichen Juden das Leben rettete und zur Flucht verhalf. Der deutsche Fabrikant Oskar Schindler (gestorben 1974) hatte zwischen 1943 und 1945 mehr als 1200 Juden das Leben gerettet, indem er ihnen scheinbar kriegswichtige Arbeit verschaffte und zudem nationalsozialistische Funktionäre bestach. Aufmerksam besuchten die Lübbecker Gäste die heute leerstehende Fabrik und trugen sich an Oskar Schindlers Schreibtisch ins Gästebuch ein.
Krakau, die Stadt an der Weichsel mit ihren 750 000 Einwohnern, beeindruckte aber auch durch ihr lebendiges, jugendliches Flair rund um den größten Marktplatz Europas sowie die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Altstadt mit Wawelburg, Marienkirche und Tuchhallen. Dass sich die weite Anreise von Lübbecke gelohnt hat, steht für die jungen Leute außer Frage. »Ich hätte nie geglaubt, dass Polen ein derart vielseitiges und interessantes Land ist«, meinte Maximilian (15) und Damaris (16) ergänzte: »Gut, dass ich Auschwitz selbst gesehen habe, ich werde es nie vergessen.«

Artikel vom 12.10.2006