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Unglaublich - nicht nur
Patton liebt dieses Spiel

76:66 gegen Frankfurt: Grandiose Baskets stutzen die Skyliners

Von Elmar Neumann
Paderborn (WV). Anfang August war es nicht die Liebe zum Spiel, die das Leben von Mark Patton bestimmte. Frisch verheiratet galt die Aufmerksamkeit allein seiner Ehefrau Rachel. »In jenen Tagen hat Basketball in meinem Leben nur eine Nebenrolle gespielt. Deswegen war ich auch nicht in Form, als ich in Paderborn angekommen bin«, gibt der Center spätestens seit Samstagabend gerne zu. Gerne, weil die Form jetzt wieder da ist. Und wie: Beim 76:66-Sieg gegen Frankfurt glänzte Ehemann Patton erstmals als Topscorer.

»Mein Dank gilt Coach Doug Spradley. Er hat mich wieder in gute körperliche Verfassung gebracht. Ich hoffe, ich kann ihm in dieser Saison noch einiges zurückzahlen«, sagte der 2,06-Meter-Riese, der in seinem 22:24-minütigen Einsatz nicht nur 15 Punkte markierte, sondern auch noch die meisten Paderborner Rebounds (7) sammelte. Acht Wochen nach dem privaten ein sportlicher Quantensprung für den bis zu diesem 2900 Fans begeisternden Auftritt unauffälligsten aller Baskets-Novizen. Für seinen Trainer war dieser Durchbruch aber ohnehin nur eine Frage der Zeit: »Wir wussten, was er kann, dass er ein guter Scorer und Rebounder ist. Sonst hätten wir ihn schließlich nicht verpflichtet.« Mit etwas Verspätung scheint nun auch Mark Patton bei seinem neuen Arbeitgeber angekommen und wird es nicht dabei belassen, am Samstag den Deutschen Meister 2004 arg geärgert zu haben. »Mark ist schon viel besser drauf, aber konditionell noch immer nicht auf dem Niveau seiner Mitspieler. Wenn er das erreicht hat, werden wir noch mehr Freude an ihm haben«, verspricht Spradley.
Noch mehr Freude? Wie soll das gehen? Schon an diesem vierten Spieltag lieferten Patton und die Seinen einen sensationellen Saisonhöhepunkt ab. Eine Halbzeit lang schienen die Deutsche Bank Skyliners Frankfurt übermächtig, schien die erste Heimniederlage unvermeidbar. Angeführt von Travon-Levar Bryant (14 Punkte vor der Pause) hatte der Meister 2004 den Aufsteiger sicher im Griff und führte kurz vor dem Seitenwechsel sogar mit 13 Zählern (31:44/19.). »Frankfurt war perfekt auf uns eingestellt. Sie haben die Passwege zugemacht und uns in der Offensive in der ersten Halbzeit nie ins Spiel kommen lassen«, gestand Paderborns Sportdirektor Dr. Nima Mehrdadi ganz offen ein. Immerhin: Die Baskets erreichten auch gegen diesen fast omnipotenten Kontrahenten ihr Minimalziel. »Teddy« Gipson und Steven Esterkamp machten mit zwei Last-Minute-Dreiern aus 13 Punkten sieben Punkte Differenz (37:44/20.).
»Wir haben in der ersten Hälfte nicht gut gespielt, lagen aber nur knapp zurück. Das war es, was mich nach der ersten Halbzeit optimistisch gestimmt hat«, sagte Spradley und das mit Recht. Nach Wiederbeginn legten die Baskets im gleichen Maße zu wie Frankfurt an Form verlor. Mit Ende des dritten Viertels (54:55) waren teuflisch gut aufspielende Hausherren in der »Maspernhölle« endgültig wieder auf Schlagweite an den Hessen dran. Paderborn dominierte die Bretter und damit das Spiel, glänzte aber nicht mit einer One-Man-Show, sondern als kongenial arbeitendes Kollektiv, in dem jeder Akteur seine Rolle nahezu perfekt interpretierte. Allen voran Daniel Lieneke, der zweieinhalb fehlerlose Minuten ablieferte: Nachdem Reggie Golson die Baskets erstmals seit der achten Minute wieder in Führung gebracht hatte (32./58:56), sicherte sich der Ex-Salzkottener einen Ballgewinn, wurde dann von Tate Decker höchst unsportlich gefoult, verwandelte die schwer verdienten Freiwürfe und verschwand nach diesen Glanztaten wie selbstverständlich wieder auf der Bank. »Daniel hat einen großen Job gemacht und mit seiner Aktion unseren Lauf initiiert«, lobte Coach Doug Spradley seine personifizierte Zuverlässigkeit.
Zwei Esterkamp-Punkte später hallte der EMF-Klassiker »Unbelievable« durch die Hölle und das Unglaubliche nahm seinen Lauf. Die Hessen bissen sich an der Defense des Aufsteigers die Zähne aus und mussten sich in Durchgang zwei mit beschämend bescheidenen 22 Punkten begnügen, derweil die Paderborner Offensive nicht mehr zauderte, sondern zauberte. Das Highlight setzte Gipson mit dem Assist-des-Tages-Anspiel auf Marius Nolte zum 76:60: die höchste Führung und der Paderborner Schlussstrich unter ein Spiel, das nicht nur Mark Patton wieder lieb gewonnen hat. Auch sein Trainer fand für einen vierten Spieltag euphorische Worte: »Ich bin stolz auf diese Mannschaft.«

Artikel vom 16.10.2006