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Ein Mann für jede Tonart

Sein Revier: In der Sportschule Olymp (Kaiser-Center) trainiert Martin Trompeter.

Mozart-Boxer Martin Trompeter (29) spielt Klavier und modelt

Von Alexander Grohmann
Bad Oeynhausen (WB). Mozart ist ihm genauso geläufig wie Maske: Martin Trompeter ist Schwergewichtsboxer mit einer für diese Sport-Typen äußerst ungewöhnlichen Leidenschaft. Der 29-Jährige spielt Klavier. »Meistens klassische Stücke von Mozart oder Brahms«, erzählt der Bad Oeynhausener, der seine Hände nicht nur hart, sondern auch gefühlvoll einsetzen kann. Entschlossener als am Piano geht er aber im Ring zu Werke - und da ist ihm der klassische K.o. am liebsten. Sein Ziel: »Ich will 2007 Deutscher Meister werden.«

Mit Spitznamen hat es Martin Trompeter eigentlich nicht so. »Ich finde das albern«, meint er in Anspielung auf »Gentleman-Boxer« Henry Maske oder den »weichen Riesen« Axel Schulz. An die Bezeichnung »Mozart-Boxer« könnte sich Trompeter aber gewöhnen. »Klingt ungewöhnlich.« Mindestens so ungewöhnlich wie das Leben des 29-Jährigen, in dem es äußerst bunt zugeht.
»Wenn ich ein Klavier sehe, muss ich mich dran setzen«, kann Trompeter seine Finger nicht von den Tasten lassen und gibt gerne eine Kostprobe seines Könnens ab, die auch seinen Trainer Gero Gienow verblüfft. Ein Klavier spielender Boxer? Diese Kombination ist dem Coach noch nicht untergekommen. »Ich komme aus einem gut bürgerlichen Haus«, erklärt der in der Nähe von Aachen aufgewachsene Trompeter sein Faible für die Musik. »In meiner Jugend hatte ich ein paar Jahre Privatunterricht.« Sport stand in der Familie Trompeter aber immer an erster Stelle: Der Vater war erfolgreicher Leichtathlet, sein älterer Bruder ein ausgezeichneter Footballer.
Mit dem Boxen fing Trompeter als 19-Jähriger an. Der Sport lag ihm, das spürte er sofort. »Ich habe drei Jahre lang trainiert wie ein Profi, jeden Tag«, erinnert sich der junge Mann. Er machte sich in der Fachwelt einen Namen. Das Sauerland-Team lud ihn als Sparringspartner für die Profis zum Training ein. Mehr wurde aber nicht daraus -Êauch weil Trompeter Pech hatte. Im Jahr 2000 brach er sich die rechte Hand, eine sechsmonatige Ring-Pause folgte. Der Box-Besessene quälte sich trotzdem weiter: »Ich habe in dieser Zeit mit links trainiert.«
Und er schaute über den Tellerrand des Boxens hinaus: Trompeter sammelte Erfahrungen in anderen Kamfsport-Bereichen. Im Thai-Boxen, wo neben den Fäusten auch Füße und Ellbogen eingesetzt werden dürfen und es richtig hart zur Sache geht, feierte der Kraftprotz 2001 die NRW-Landesmeisterschaft. Hier sieht er auch in Zukunft seine besten Erfolgs-Chancen. »Ich will noch mal richtig durchstarten«, strebt Trompeter mit Trainer Gero Gienow 2007 sogar den Deutschen Meister-Titel an. Ziele gibt es auch im Boxen: Den Bezirksmeister-Titel, den er sich in diesem Jahr in Bad Oeynhausen holte, will er verteidigen.
Dafür hat Trompeter das Trainingspensum aufgestockt. Sechs Mal wöchentlich schwitzt der 29-Jährige in der Löhner Sportschule Olymp im Kaiser-Center, die Gienow vor anderthalb Jahren eröffnet hat. Eiserne Disziplin ist gefragt. »Fünf Kilo müssen noch runter«, will Trompeter sein Kamfgewicht erreichen. Sitzt er im Café, ordert er für sich deshalb im Moment meist nur Apfelschorle oder Cola Light.
Hart im Ring, gefühlvoll am Piano - Trompeter ist ein Mann mit vielen Facetten. Nach Bad Oeynhausen kam er 2004 deshalb, weil sein Bruder Kai hier eine Werbe-Agentur betreibt. Dort ist auch Martin Trompeter angestellt. »Zurzeit absolviere ich eine Umschulung zum Groß- und Außenhandelskaufmann, im nächsten Jahr übernehme ich die Geschäftsleitung«, berichtet er. Beruf und Boxen bringt er locker unter einen Hut. Seine »Freizeitbeschäftigung« provoziert auch Fragen. »Kürzlich war in unserer Agentur eine Kundin mit ihrem Sohn, der mich unbedingt mal kennen lernen wollte.« Der junge Fan zweifelte an der Wahrheit: »Er meinte, ich sei doch viel zu schick für einen Boxer.«
Erfahrungen sammelte Trompeter schließlich schon in anderen Bereichen: »Ich habe in diesem Jahr ein paar Model-Aufträge bekommen.« Das verwundert auch seinen Trainer nicht: »Er sieht ja aus wie ein Dressman«, schmunzelt Gienow. Trompeter geht gerne gut gekleidet aus dem Haus. »Ich stehe auf schicke Klamotten.«.
Smart und hart -Êim Ring reichen dem 1,96 Meter großen Modellathleten Handschuhe und Hose. Dann kommen auch die Tätowierungen zum Vorschein, mit denen die muskulösen Arme bepflastert sind. Trompeter - also doch ein harter Hund? Wenn man den sympathischen und redegewandten Boxer kennen lernt, möchte man es kaum glauben. Erst recht nicht, wenn sich Trompeter ans Klavier setzt und ein Stück von Mozart zum Besten gibt.

Artikel vom 07.10.2006