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»Zuchtmittel«
Verwarnung

Falsche Verdächtigung

Halle (kg). Staatsanwalt Stephan Poerschke schlug das »scharfe Schwert der Verwarnung« als Zuchtmittel vor. Und Richter Michael Hunke griff zu: Weil die Angeklagte zugab, ihre falsche Verdächtigung »total« zu bereuen, stimmte er der Empfehlung zu. Die 21-Jährige aus Halle müsse allerdings dringend versuchen, von Alkohol und Drogen los zu kommen, legte er ihr nachdrücklich ans Herz.

Die junge Frau mit dem schlimmen Leben, die sich gestern im Haller Amtsgericht verantworten musste, hatte ihren Freund beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben. Allerdings hat sie zu diesem Zeitpunkt nachweislich fast zwei Promille Alkohol im Blut gehabt. Nach einem Streit wegen ihres Trinkens war sie völlig aufgelöst und alarmierte telefonisch einen Bekannten aus Versmold, der sie in Halle abholen sollte. Weil sie diesem von der vermeintlichen Vergewaltigung erzählte, rückte letztlich die Polizei zu Vernehmungen aus.
»Das lag nur am Alkohol. Ich vertrage doch nichts. Mit uns ist jetzt wieder alles in Ordnung«, berichtete die Angeklagte, die mit ihrer Betreuerin vor Gericht erschien. Der Tatvorwurf selbst war schnell ausgeräumt. Allerdings sei eine falsche Verdächtigung »kein Mittel, um einem anderen einen Denkzettel zu verpassen«, kritisierte der Staatsanwalt, dass der Polizei aus einem nichtigen Anlass Arbeit beschert wurde.
»Ich habe einen totalen Blackout gehabt«, suchte die 21-Jährige mit den großen Problemen nach einer Entschuldigung für ihr Vergehen, das Richter Hunke und Staatsanwalt Poerschke auch nicht so einfach vom Tisch wischen wollten. Beugehaft und Drogentherapie waren Stichworte, über die gemeinsam mit einem Vertreter der Jugendgerichtshilfe diskutiert wurden. »Letztlich sitzen wir hier, um auch der Angeklagten zu helfen, von Alkohol und Drogen los zu kommen«, schlug der Staatsanwalt letztlich die Verwarnung als »Zuchtmittel« vor.

Artikel vom 06.10.2006