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»Sisters of Mercy« lebten in Herford

Orden wurde im 19. Jahrhundert gegründet - Frauen mussten Deutschland verlassen

Von Hartmut Horstmann
Herford (HK). Die Wurzeln der »Sisters of Mercy« liegen in Herford. Zwar handelt es sich hierbei nicht um die bekannte Rockgruppe, doch geht der Name der Band auf einen Orden zurück. Und dieser wurde 1864 in der Werrestadt gegründet. Mit der Geschichte der »vergessenen Ordensfrauen« hat sich die 19-jährige Melanie Reinelt beschäftigt.

Nachzulesen ist die sechs prägnante Seiten umfassende Aufarbeitung im nächsten Historischen Jahrbuch für den Kreis Herford. Es erscheint am 15. November und behandelt ein breites Spektrum an Themen. So beschäftigt sich der Vlothoer August-Wilhelm König mit den »Hohlwegen in der Verkehrsgeschichte«, dem Sport hat sich Norbert Sahrhage verschrieben: »Zur Geschichte des Feldhandballs in der Handballhochburg Spenge.«
Die in Löhne lebende Melanie Reinelt, die am Ravensberger Gymnasium ihr Abitur gemacht hat, stellt bereits hinsichtlich ihres Alters eine Besonderheit dar. »So eine junge Autorin hatten wir noch nie«, sagt Alexander Kröger, Mitglied der Jahrbuch-Redaktion. Auf die Idee, sich mit den »verlorenen Schwestern« zu beschäftigen, war sie durch einen Aufsatz gekommen, den sie in der elften Klasse verfasst hatte. In ihm ging es um Dechant Bernhard Heising, Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Johannes Baptist. Dabei stieß Reinelt auch auf die Ordensschwestern - über die Situation in Herford zur Mitte des 19. Jahrhunderts heißt es in dem Jahrbuch-Beitrag, vielen Familiensei es unmöglich gewesen, die Kirche zu besuchen und ihre Kinder zum Kommunionsunterricht zu schicken: »Heisings dringendste Sorge war es, den armen Kindern und Waisen eine religiöse Erziehung zukommen lassen zu können. Deshalb gründete er die Stiftung Haus Bethlehem und mietete den Packhof an der Komturstraße.«
Die Geschichte der verschiedenen Orden ist recht komplex. Die Vereinigung, die sich »Schwestern der Barmherzigkeit vom 3. Orden des heiligen Franziskus« nannte, wurde 1864 in Herford gegründet. Die Ordensfrauen kümmerten sich um die katholischen Waisenkinder. Allergings kam es im Zusammenhang mit dem Bismarckschen Kulturkampf zu Problemen. Folge: »Der Orden wurde ausgewiesen«, so Reinelt. In den USA, genauer gesagt in Dubuque, Iowa, machten sie weiter. 800 Schwestern gehören dem Orden heute an, der in Amerika in der Erziehung und in der Sozialarbeit aktiv ist. Als »Sisters of Mercy« haben sie dort neue Wurzeln geschlagen - an die Anfänge erinnert die Tatsache, dass es noch heute Kontakt zwischen Herford und Dubuque gibt.
Ein spannendes Thema, das die 19-jährige Autorin wohl noch länger beschäftigen wird. So kann sie sich vorstellen, über die Gründerin des Herforder Ordens einen historischen Roman zu schreiben.

Artikel vom 06.10.2006