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Frauke Liebs
Opfer eines
Verbrechens

Vermisste 21-Jährige tot aufgefunden

Von Rüdiger Kache (Text) und
Wolfram Brucks (Fotos)
Lübbecke / Paderborn (WB). So mysteriös wie ihr plötzliches Verschwinden bleiben die Umstände ihres Todes. Fest steht für Staatsanwaltschaft und Mordkommission seit gestern Nachmittag jedoch, dass es sich bei der Toten, die am Mittwochabend in einem Dickicht am Rande der Landstraße 817 zwischen Asseln und Herbram-Wald von einem Jäger gefunden wurde, mit großer Wahrscheinlichkeit um die sterblichen Überreste von Frauke Liebs handelt.

Die in Lübbecke aufgewachsene und zuletzt in Paderborn lebende 21-jährige Krankenpflegeschülerin war nach einem Kneipenbesuch am 20. Juni nicht mehr in ihre Wohnung zurück gekehrt. Lebenszeichen von ihr gab es durch insgesamt sieben Telefongespräche und Kurzmitteilungen per Handy. Nach dem 27. Juni riss jeglicher Kontakt zu ihr ab und die Polizei geht davon aus, dass sie schon wenig später getötet und ihr Leichnam vom Täter am Fundort zwischen Asseln und Herbram-Wald abgelegt wurde.
In einer beispiellosen Suchaktion hatten Polizei, Freunde, Kollegen und ihre Familie im gesamten Hochstift nach Hinweisen auf Frauke gefahndet, hatten Such-plakate verteilt und in den Medien die Erinnerung an das Schicksal der lebenslustigen jungen Frau wach gehalten.
Gestern nun wurde schreckliche Gewissheit, was viele befürchtet hatten: Frauke Liebs ist tot!
Ein schmaler Forstwirtschaftsweg führt von der Landstraße 817 in das Flurstück 13, im Volksmund auch »Totengrund« genannt. Von hier sind es nur ein paar Schritte bis zu der kleinen Nadelholzgruppe, unter der Fraukes Leichnam seit mindestens zwölf Wochen lag. Vollständig bekleidet, der Witterung und Wildtieren ausgeliefert. Hier fand ein Jäger bei der Suche nach Wildschweinfährten am Dienstagabend das Skelett und alarmierte die Polizei.
Die sicherte noch in der Nacht den Fundort und nahm mit beginnendem Tageslicht die Ermittlungen auf. Staatsanwalt Ralf Vetter und Ralf Östermann von der Mordkommission in Bielefeld haben trotz der unklaren Sachlage nach der Obduktion der Leiche keinen Zweifel: »Es handelt sich um Frauke Liebs.« Letzte Zweifel an der Identität soll eine DNA-Analyse nehmen, die in etwa zwei Wochen vorliegt.
Die Ermittler können über Todesursache und Todeszeitpunkt keinerlei Angaben machen. Auch verwertbare Spuren, die auf Gewaltanwendung schließen lassen, seien am Fundort, der vermutlich nicht der Tatort sei, nicht festgestellt worden. Jedoch, so Staatsanwalt Vetter, komme eine andere Todesursache als ein Kapitalverbrechen »nur theoretisch« in Betracht.
Im Hochstift verbreitete sich die Nachricht vom Tode der 21-Jährigen wie ein Lauffeuer und löste bei vielen Menschen tiefe Betroffenheit aus. Insbesondere ihre Kollegen und Mitschülerinnen an der Kinderkrankenpflegeschule der Landesfrauenklinik, die wochenlang gehofft und gebangt hatten, waren geschockt von der Gewissheit, dass sie Frauke nie mehr wiedersehen werden.
Bereits nach dem zehnten Schuljahr hatte Frauke Liebs Lübbecke verlassen, um in Bielefeld parallel zum Abitur eine Ausbildung zur Erzieherin zu machen. Ihre Mutter Ingrid Liebs war in Lübbecke politisch aktiv. Von November 1994 bis September 1999 fungierte sie als erste stellvertretende Bürgermeisterin. Der damalige Bürgermeister Günter Steinmeyer zeigte sich gestern gegenüber der LÜBBECKER KREISZEITUNG erschüttert von der traurigen Nachricht. In all den Jahren, in denen er eng mit Ingrid Liebs zusammen gearbeitet habe, sei ihm bewusst geworden, welch eine große Rolle die Familie für die Lehrerin spiele. Sie habe sich trotz ihrer Doppelbelastung im Beruf und als Kommunalpolitikerin stets sehr um ihre Familie gekümmert, berichtete Steinmeyer.
Auch in Espelkamp, wo der Vater der tot aufgefundenen Frauke Liebs eine Zahnarztpraxis betreibt, berührt das Schicksal der 21-Jährigen die Bevölkerung. »Mein Mitgefühl gilt der Familie Liebs«, erklärte der stellvertretende Bürgermeister Siegfried Nötzel. Als Vater und Großvater gehe einem ein solches Schicksal besonders nahe. »Es ist immer wieder erschütternd, wenn ein Mensch so früh aus dem Leben scheidet«, sagte Nötzel.

Artikel vom 06.10.2006