05.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Anschluss an
die große Welt

100 Jahre: Eisenbahn in Marienloh

Marienloh (WV/sab). Ein beinahe noch sommerlich grün eingerahmter Radfahrweg schmiegt sich an die alten Bahnschienen in Marienloh. Schon lange verkehren hier keine Personenzüge mehr, ist der Pfeifton der Lokomotive verstummt, der heute vor hundert Jahren ein neues Zeitalter einläutete.

Die feierliche Eröffnung der Eisenbahnlinie Paderborn - Bad Lippspringe am Freitag, 5. Oktober 1906, bedeutete für die Marienloher den Anschluss an die »große weite Welt«.
Obschon bereits Jahre zuvor erste Pläne einer Strecke Paderborn - Bad Lippspringe - Detmold - Herford im Gespräch gewesen waren, stimmte der zuständige Eisenbahnminister von Budde dem Vorhaben erst 1902 zu. Im Juni 1904 wurde die 7,4 Kilometer lange Strecke öffentlich ausgeschrieben und die Baufirma Schmidt aus Lingen an der Ems sicherte sich den Zuschlag von 885 000 Mark für den Ausbau.
Am Samstag, 6. Oktober 1906, rollte schließlich die erste Lokomotive durch Marienloh. In der Chronik heißt es: »Am Freitag, den 15. Januar wurde der Bau der Eisenbahn von Paderborn über Marienloh nach Lippspringe mit 30 Mann angefangen und am 1. Oktober beendet. Am 5. Oktober war die landespolizeiliche Abnahme derselben und am folgenden Tag die festliche Probefahrt von Paderborn-Nord, Marienloh nach Lippspringe. Hieran schloß sich ein Festessen im Hotel Wegener in Lippspringe. Fahrt und Festessen kosteten á Person 3 Mark. Am 7. Oktober wurde die neue Bahn dem öffentlichen Verkehr übergeben.« Die bis zu diesem Zeitpunkt täglich verkehrende Postkutsche gehörte schon am folgenden Montag, den 8. Oktober 1906, der Vergangenheit an.
Mit Inbetriebnahme der Straßenbahnlinie 2 Paderborn - Lippspringe - Schlangen - Horn im April 1911 bekam die Bahn ernstzunehmende Konkurrenz im Personenverkehr, was die Konzentration auf den Güterfrachtverkehr verstärkte. Begründet durch die zu geringe Nutzung wurde der Personenverkehr 1950 letztlich reduziert, wodurch auch der Marienloher Bahnhof seine Daseinsberechtigung nach nur 44 Jahren wieder verlor.
Am 30. Mai 1965 fuhr endgültig der letzte personenbeförderte Zug durch Marienloh. Im Oktober 1986 erinnerten die Marienloher Heimatfreunde mit einer letzten Sonderfahrt an die Geburtstunde des mobilen Zeitalters, bevor 1988 die Schienen ab Marienloh Klusheide bis zum ehemaligen Lippspringer Bahnhof abgerissen wurden, um dem neuen Radweg zu weichen.

Artikel vom 05.10.2006