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Hinter jedem Bild steckt eine Geschichte

Ausstellung »Ent-rückte Zeit« der Alzheimer Gesellschaft in der Kreissparkasse Werther

Werther (law). Zu jedem der ausgestellten Fotos könnten Marlene und Heinz-Peter Kuhlmann Geschichten erzählen. Und doch sagen Bilder oft mehr als tausend Worte. Seit Montag macht eine Foto-Wanderausstellung zum Thema »Leben mit Demenz« Station in der Kreissparkasse Werther.

»Ent-rückte Zeit« lautet der Titel der ganz besonderen Ausstellung. Schon alleine der Bindestrich im Titel spiegelt eine spannende Thematik wider. Doch nicht nur die Überschrift soll zum Nachdenken anregen, sondern auch die knapp 40 Bilder, die in Werther gezeigt werden. Eingeteilt wurden die zahlreichen schwarzweißen Motive unter anderem in Gruppen zu den Thematiken »Erinnerungen«, »den Alltag erleben« oder »Angehörige sind Anker«.
Die Bilder sind im Mai und Juni dieses Jahres im Kreis Gütersloh entstanden. »Vielleicht müsste man inzwischen die Demenz nicht mehr als Krankheit ansehen, die man möglichst behandeln sollte, sondern als eine Lebensphase am Ende des Lebens«, erzählte Heinz-Peter Kuhlmann, Leiter der Gerontopsychiatrischen Ambulanz der Westfälischen Klinik für Psychiatrie in Gütersloh. Weil die Menschen immer älter würden, steige exponential die Anzahl der Menschen und die Wahrscheinlichkeit, an einer Form von Demenz zu erkranken, so der Wertheraner.
Demenz ist der Oberbegriff für zahlreiche Krankheiten, zu denen auch und vor allem Alzheimer gehört. Knapp eine Million Menschen in Deutschland leben mit altersbedingter Vergesslichkeit oder Verwirrtheit, im Kreis sind es nach Schätzung von Heinz-Peter Kuhlmann knapp 6 000.
Da die demografische Entwicklung in Deutschland für die kommenden Jahrzehnte eine immer ältere Bevölkerung prognostiziert, will die Alzheimer Gesellschaft Kreis Gütersloh, deren Vorsitzende Marlen Kuhlmann ist, die Krankheit aus dem Nischendasein heraus in die Öffentlichkeit bringen. »Die Menschen mit Demenz leben mitten unter uns. Wir wollen zeigen, dass man mit dieser Krankheit umgehen und eine hohe Lebensqualität erreichen kann«, berichtet Marlene Kuhlmann, die auch beruflich in diesem Bereich engagiert ist.
Mit der Fotografin Jutta Jelinski hat die Alzheimer Gesellschaft eine gute Wahl getroffen. »Es war eine wunderbare Herausforderung für mich mit der Kamera Einblick in das alltägliche Leben der Demenzerkrankten zu nehmen, um zu zeigen, was wirklich ist, wie es sich lebt, wenn man vergisst«, schreibt die freie Pressefotografin im Flyer. »Über allem steht die Achtung und der Respekt vor der Persönlichkeit, das Einfühlungsvermögen, mit dem Ziel der größtmöglichen Authentizität.«
Die Fotos erzählen Geschichten aus dem Alltag. Geschichten davon, wie schwer es wird, die scheinbar einfachen Dinge allein zu bewältigen. Aber auch Geschichten davon, welche schönen Erfahrungen das Leben auch in dieser Phase bereithalten kann. Geschichten, wie wohltuend sind und erzählen von menschlichen Begegnungen, Freundschaften und Hilfen durch Angehörige, Nachbarn oder Pflegekräfte. Vor allem aber machen sie deutlich, dass ein würdevolles Leben auch mit Demenz ein erstrebenswertes und erreichbares Ziel ist.
Die Ausstellung kann bis zum 13. Oktober in den Räumen der Kreissparkasse Werther während der Öffnungszeiten besucht werden. Anschließend wandert sie weiter in die Kreissparkasse in Steinhagen.

Artikel vom 03.10.2006