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Mit der »Teufelsgeige« im
Gepäck bis nach Mallorca

Stammtisch »Zur ewigen Jugend« feiert 50-Jähriges

Borgholzhausen/Dissen (mp). Betagte Bürger aus der Region rund um Dissen werden sich noch an die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern, als in Dissen der »Bier- und Comödianten-Club« bestand. Er tagte im »Hotel zur Post« am Karlsplatz und war bekannt dafür, dass in vorgerückter Stunde Friseurmeister Rudolf Wortmann seinen Schnauzbart zwirbelte, zu seiner »Teufelsgeige« griff und gemeinsam mit den Clubmitgliedern für Stimmung sorgte.
Dieser »Bier- und Comödianten-Club« löste sich im Jahr 1956 auf, doch Rudolf Wortmann, Karl Henze, Erich Kröger, Fritz Kratz, Reinhold (»Muck«) Haase, Heinrich Rieke senior, Paul Volkmann und Adolf Albrecht etablierten sich neu unter dem Stammtisch »Zur ewigen Jugend«. Jetzt feierte die fröhliche Runde das 50-jährige Jubiläum.
Dienstags bei Gastwirt Esser in der Turmstube traf man sich zunächst, zog jedoch bald um in die Gaststätte von Adolf Strätger an der Dahauser Straße, der alsbald sein Lokal in »Gaststätte zur ewigen Jugend« umbenannte.
Was den Stammtisch von anderen unterschied, war die Maßgabe, dass aus jedem Beruf nur einer Mitglied sein durfte, ferner war Gesang ein wichtiges Element am neuen Stammtisch. Dabei hatte an jedem Stammtischabend der Wirt eine wichtige Arbeit, denn er musste nicht nur das Bier zapfen, sondern auch auf ganz besondere Art die Runden aufschreiben: Das Maß aller Dinge war der Gegenwert von einem Glas Bier. Bestellte aber jemand ein Getränk, das teurer war als ein Glas Bier, so musste er die Differenz selbst zahlen. War das Getränk jedoch billiger, bekam er die Differenz gut geschrieben.
Bald war die »Ewige Jugend« ein Stammtisch mit eigener Kapelle, denn Klavier, Waschbrett und eben die von Rudolf Wortmann meisterhaft beherrschte »Teufelsgeige« begleiteten die Gesänge der Mitglieder. Eine Kasse war ebenfalls vorhanden, und von dem eingegangenen Geld wurden Fahrten zusammen mit den Ehefrauen unternommen - unter anderem an die großen deutschen Flüsse, in den Bayerischen Wald, nach Berlin, Hamburg, Wien und Amsterdam und sogar nach Mallorca. Höhepunkte waren Wochenendfahrten auf gecharterten Yachten in Holland und auf dem Müritzsee.
Leider sind mittlerweile alle Gründungsmitglieder von 1956 verstorben. Die große Unternehmungslust ist jedoch über die vergangenen fünf Jahrzehnte erhalten geblieben. Aktuell gehören Heiner Thias, Jochen Kipker, Jan Donck, Präsident Werner Rethorst, Klaus Bode, Klaus Röttger (mit der Teufelsgeige), Ansgar Baumgarte, Fritz Borgmeyer und Heinz Josef Ekruth zum Stammtisch. nach wie vor. Es werden Tagesfahrten - die so genannten »Zwischenzieher« - organisiert, am Vatertag wurde früher gewandert, mittlerweile sind die Männer auf eine Kutsche umgestiegen.
In der Adventszeit besuchen die Stammtischler traditionell einen Weihnachtsmarkt - mal in Osnabrück, mal in Bielefeld, mal in Dresden.
Nachdem die Männer die Lokalität in der Vergangenheit mehrere Male gewechselt haben, treffen sie sich heute wieder in der »Turmstube«, die jetzt allerdings »Altstadt-Stube« heißt. Bei den Wirtsleuten Anita Sanchez und José Gonzales-Martinez fühlen sich die Stammtischler rundum wohl.
Anlässlich des 50-jährigen Bestehens haben sich die Männer eine Segeltour mit einem typischen holländischen Flachbodensegler auf dem Ijsselmeer geschenkt - natürlich verbunden mit der Hoffnung, »ewig jung« zu bleiben.

Artikel vom 03.10.2006