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Kompromiss im
»Fall Mödsiek«

Anlieger und Stadt schweigen über Inhalte

Von Stefan Küppers
Halle (WB). Der Streit um die Erschließungskosten für die Straße Mödsiek in Halle scheint mit einem Kompromiss vor einer Lösung zu stehen. Es liegt jetzt ein Vergleichsvorschlag auf dem Tisch, über dessen Inhalt sich aber beide Seiten, Halles Stadtverwaltung und die Anlieger, hartnäckig ausschweigen.

Zur Erinnerung: Zu Beginn dieses Jahres machten die Beiträge Schlagzeilen, die Anlieger für die Erschließung der Straße Mödsiek zahlen sollten. Die Anlieger sollten statt der von der Stadt prognostierten Kosten von elf Euro je Grundstückseinheit laut Abrechnung der Stadt auf einmal rund 19 Euro bezahlen, mithin eine Steigerung um satte 72 Prozent. Das hieß für viele Familien, die in einem vermeintlich kostengünstigen Neubaugebiet ihr Häuschen errichtet hatten, Kostensteigerungen um mehrere tausend Euro.
In der Folgezeit wurden die Fehler der Stadtverwaltung bei der Prognoseerstellung öffentlich diskutiert, ein substanzielles Entgegenkommen seitens des Rathauses war zunächst nicht zu erkennen. Eine falsche Prognose mache die Abrechnung der tatsächlich entstandenen Kosten nicht rechtswidrig, hieß es stattdessen.
Auch in überregionalen Medien fand der »Fall Mödsiek« viel Aufmerksamkeit. So machte der ZDF-Länderspiegel den Mödsiek-Streit zum »Hammer der Woche« und auch das Politmagazin »Westpol« berichtete im WDR-Fernsehen sehr kritisch über die Leistungen des Haller Rathauses. Schon seinerzeit standen die Rathaus-Spitzen, Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann und Bauamtsleiter Jürgen Keil, für öffentliche Stellungnahmen nicht mehr zur Verfügung. Öffentliche Äußerungen von Jürgen Keil gab es erst wieder in einer Sitzung des Haller Tiefbauausschusses, als die Politiker zur Bewahrung des Ansehens der Stadt nach einem Kompromiss suchten. Seinerzeit vertrat Keil hingegen noch die Auffassung, dass zur Beurteilung der Beitragssätze ein »allgemeines Gerechtigkeitsempfinden kein Maßstab« sein könne. Es wurde von der Stadt die Beauftragung eines Rechtsgutachters erwogen, zu der es aber nicht kam.
Vergangenen Freitag nun diskutierten die Mödsiek-Anlieger einen Vergleichsvorschlag von Bauamtsleiter Jürgen Keil. Der Inhalt dieses Vergleichsvorschlages scheint aber zur geheimen Kommandosache werden zu sollen. Anlieger-Sprecher Peter Wussow teilte auf Anfrage nur soviel mit, dass eine Mehrzahl der Anlieger dem Kompromiss nicht abgeneigt sei. Ansonsten wolle er Absprachen, die außergerichtlich getroffen würden (Wussow: »Einen Rechtsstreit will niemand.«), nicht öffentlich diskutieren. Die Frage, ob eine nunmehr defensive Öffentlichkeitsarbeit der Anlieger eine vom Rathaus erwartete Bedingung für einen Vergleich ist, beantwortete Peter Wussow ausweichend.
Entschlossen verschwiegen zeigte sich auch Bauamtsleiter Jürgen Keil. »Zu den außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen sage ich gar nichts«, meinte Keil auf Anfrage dieser Zeitung. Selbst wenn der Vergleich zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich getroffen worden sei, sehe er keine Notwendigkeit, dessen Inhalte in der Öffentlichkeit zu erörtern. Dies könne nämlich Rückschlüsse auf andere Verfahren zulassen, was er vermeiden wolle. Auch die Frage, welche Umstände ihn zu einer veränderten Haltung im Mödsiek-Fall gebracht hätten, wollte er nicht beantworten.

Artikel vom 03.10.2006