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Punkt-Plan in der Pause

Wie Arminia aus dem 0:1 gegen Cottbus noch den 3:1-Sieg machte

Von Klaus Lükewille
Bielefeld (WB). Das Spiel bestimmt immer die Atmosphäre auf den Rängen. Pfiffe zur Pause, Applaus zum Schluss. Vier Zahlen sagen, wieso, weshalb und warum das in Bielefeld so war. Erst 0:1, am Ende 3:1.

Wer Partien noch dreht, wer zuvor enttäuschte Besucher wieder mitreißt, der hat gewonnen. Manchmal mehr als nur die Zähler. Hier sammelte der DSC Arminia jetzt gegen Energie Cottbus neben dem Dreier zusätzliche »Pluspunkte« bei seinen Fans.
Dabei wurden die ersten 45 Minuten in der SchücoArena zu einer nahtlosen Fortsetzung der zweiten 45 Minuten von Bochum. Die Bielefelder kickten wieder wie ein Absteiger. Mit dem knappsten aller möglichen Rückstände waren sie noch bestens bedient. Die rumänische Fraktion hatte Cottbus mit einem Konter in der 22. Minute völlig verdient in Führung gebracht. Sergiu Radu servierte seinem Landsmann Vlad Munteanu den Ball - und es hieß 0:1.
Die Reaktion von den Rängen war anschließend nicht mehr zu überhören. Sie pfiffen auf die Vorstellung ihrer Mannschaft. Und vielleicht wurde hier sogar schon die Frage nach dem Trainer gestellt. Erreicht der Mann auf der Bank seine Spieler noch?
Thomas von Heesen wusste die Antwort. Leise, aber sehr bestimmt und direkt erläuterte er seinen Kickern den neuen Drei-Punkte-Plan. »Nein, ich habe in der Kabine nicht rumgebrüllt. Das ist nicht meine Art. Und das hätte uns auch in dieser schwierigen Situation nicht geholfen.«
Ruhig, sachlich und fachlich nahm der Trainer die dringend notwendigen Korrekturen vor. Einer raus, einer rein. Ioannis Masmanidis kam für Torben Marx. Und was noch wichtiger war: Von Heesen veränderte auch das System. Aus dem vorsichtigen 4 - 4 - 2 wurde ein offensiveres 4 - 3 - 3.
Die Belohnung: Endstand 3:1.
»Wenn man alles richtig macht, dann ist das okay. War es falsch, dann bekommt man Feuer.« Von Heesen machte an diesem Nachmittag bei der Halbzeitansprache nichts verkehrt - und durfte anschließend doppelt feiern. Am Samstag die so wichtigen Punkte, gestern dann seinen Geburtstag. Der Coach wurde 45. Eine große Party ist aber erst bei der runden »50« angesagt: »Egal, bei welchem Verein ich dann bin.«
Vielleicht immer noch in Bielefeld? Thomas von Heesen ist ja schon längst ein »Alt-Armine«. Und weil seine Mannschaft vor der Pause so aussah, mussten neue Wege beschritten werden. Konzentrierter, energischer, risikoreicher. Das schnelle Ausgleichstor durch den Rückkehrer Sibusiso Zuma öffnete in der 48. Minute die Tür. Die Wende nach dem Wechsel. Denn jetzt hatten die Hausherren, im ersten Spielabschnitt noch völlig verunsichert und mit einer enorm hohen Fehlpass-Quote, endlich alles unter Kontrolle. Den Ball - und den Gegner.
Artur Wichniarek (62.) brachte die Bielefelder in Führung, Ioannis Masmanidis (74.) erhöhte auf 3:1. Ein paar Umstellungen, eine andere Einstellung, und schon war aus dem »Hühnerhaufen« der ersten Hälfte die dominierende Auswahl im zweiten Spielabschnitt geworden. Und noch ein Wechsel des Trainers »platzte« nicht: Radim Kucera kam für Zuma und trug dazu bei, den zweiten Heimsieg endgültig zu sichern.
Vor der Pause lief alles falsch, anschließend machten sie alles richtig. »Die Mannschaft präsentierte zuletzt zwei Gesichter«, stellte DSC-Präsident Hans-Hermann Schwick fest. Ein genaues Bild vom DSC Arminia Bielefeld in der Oberhaus-Spielzeit 2006/2007, das gibt es nach sechs Runden noch nicht.

Artikel vom 02.10.2006