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19 Rebounds
reichen nicht

Aufsteiger muss noch dazulernen

Von Elmar Neumann
Quakenbrück (WV). Es gibt gewaltige Unterschiede zwischen der ersten und zweiten Basketball-Bundesliga, aber in diesem einen Punkt hat sich für die Paderborn Baskets auch mit der Rückkehr in das deutsche Oberhaus rein gar nichts geändert. »Wer in einem Spiel nur 19 Rebounds holt, kann nicht gewinnen«, formulierte Headcoach Doug Spradley nach dem 71:84 (46:43) bei den Artland Dragons Quakenbrück eine keineswegs BBL-spezifische Weisheit.

Was am 7. Dezember 2004 mit einem 77:67-Erfolg bei der BG 74 Göttingen seinen Anfang nahm, fand 22 Monate später auch in Niedersachsen sein Ende. Mit der Auftaktniederlage in der Artland Arena musste sich der Aufsteiger zum ersten Mal nach 50 Meisterschaftssiegen in Folge wieder geschlagen geben. »Das Verlieren müssen wir erst wieder lernen«, sagte Paderborns Präsident Udo Fölling nach einer Premieren-Partie, in der der Novize zumindest eine Halbzeit lang von der Fortsetzung seiner so beeindruckenden Siegesserie hatte träumen dürfen.
Nach elfeinhalb Jahren Erstliga-Abstinenz war bei den Gästen von Anfangsnervosität nichts zu sehen. Trainer Doug Spradley schickte mit den beiden Zweitliga-Meistern Steven Esterkamp und Marius Nolte sowie den Neuzugängen Sergerio Gipson, Lamar Hurd und Jordan Collins eine Starting Five ins Rennen, die glänzend begann. Esterkamp erzielte acht der ersten zehn Paderborner Punkte, führte den Novizen zu einer 17:10-Führung (7.) und verdiente sich ein Lob des gegnerischen Übungsleiters. »In der ersten Halbzeit hat Paderborn das Tempo kontrolliert, sich als aggressive und kompakte Mannschaft präsentiert. Dabei haben wir gerade gegen Steven Esterkamp kein Mittel gefunden«, musste Chris Fleming gestehen.
Derweil bei den Baskets neben dem hoch Gelobten (15 Punkte vor der Pause) auch Sergerio Gipson (11) sehr wohl zu gefallen wusste, hatten aber auch die Artland Dragons zwei Akteure in ihren routinierten Reihen, gegen die die Gäste kein probates Mittel fanden: Der monströse Center Darius »The Wall« Hall (14) überzeugte in der Rolle des Shaquille O'Neill-Verschnitts, Landsmann Adam Hess (14) als offensive Universal-Kraft. Zu diesen zwei Paderborner Problemen gesellten sich schnell zwei weitere. So kassierten sowohl Jordan Collins als auch sein Center-Kollege und US-amerikanischer Landsmann Mark Patton noch vor dem Seitenwechsel jeweils drei Foulpfiffe, für die Letztgenanntem 5:29 Minuten Einsatzzeit genügten - die Sportart ist dieselbe, die Regelauslegung in den USA und Europa aber eine ganz andere. Trotzdem glich diese erste Erstliga-Hälfte einem Ausrufezeichen des Aufsteigers, das Reggie Golson in der letzten Minute mit einem krachenden Dunk nachzeichnete.
Der 51. Sieg in Folge, er schien zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen, doch mit Beginn des zweiten Spielabschnitts sahen die 3000 Zuschauer in der Artland Arena plötzlich andere Kräfteverhältnisse. Auch Doug Spradley: »Von der zweiten Halbzeit bin ich sehr enttäuscht. Da habe ich auf allen Positionen die nötige Intensität vermisst.« Auf einen 11:0-Lauf der Gastgeber zum 54:49 (34. Minute) fanden die Seinen noch eine Antwort (57:58/27. Minute), doch dann ging nicht mehr viel. Mit einem Dreier von Sean Dockery zum 74:64 und dem fünften Foul von Collins nahm die Begegnung fünf Minuten vor dem Ende doch die erwartete Entwicklung.
Die 7er-Rotation der Baskets hatte ausrotiert, aber trotz der Niederlage und so deutlicher Reboundschwächen (35:19) Eindruck hinterlassen. Chris Flemings Prognose, Paderborn sei ein Kandidat für das sichere Mittelfeld, wollte Doug Spradley jedoch noch nicht unterschreiben: »Wir müssen erst noch lernen, dass wir nicht 20, sondern 40 Minuten konstant gut spielen müssen, um eine Partie zu gewinnen.« Eine weitere Weisheit, die keineswegs BBL-spezifisch ist.

Artikel vom 02.10.2006