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Schlussakzent verband
drei Nationalhymnen

Giora Feidman mit Ballett-Konzert in der Paderhalle

Von Matthias Lüke (Text und Foto)
Paderborn (WV). Begeistert gefeiert wurde am Donnerstag in der Paderhalle der Klarinettenvituose Giora Feidman.

»Da hat sich wirklich jeder Cent vom Eintrittsgeld gelohnt«, so die Bemerkung eines Besuchers nach dem Ende der Musik- und Ballettperformance »Dialog in Mozart«. Das Mozartjahr und der eigene 70. Geburtstag sind dem weltbekannten Klarinettisten Giora Feidman Grund genug, seinem Publikum einen ganz besonders delikaten und außergewöhnlichen Musikleckerbissen zu servieren. Zusammen mit dem ebenfalls israelischen Choreographen Lior Lev entwarf er ein Projekt, in dem Musik und Tanz zu einer Symbiose verschmelzen und einen Dialog miteinander eingehen.
Dargeboten wurde zunächst Mozarts wohl reifstes Konzert, nämlich jenes für Klarinette in A-Dur (KV 622). Während das »Jerusalem String Orchestra« und Solist Feidman auf dem hinteren Teil der mit Rottönen angestrahlten Bühne musizierten, ergänzten auf dem vorderen Teil Ilja Louwen, Leo Mujic, Maria Klueva und Timur Kinzikeev die leichten bis tragischen Melodien Mozarts durch virtuose und sinnliche Ballettdarbietungen.
Die Aufführung bescherte zwar keinen puren Musikgenuss, da das kleine Orchester samt Soloklarinette selbst in Tuttipassagen - bedingt durch die Entfernung zum Publikum - nur ziemlich leise zu vernehmen waren, jedoch als Gesamtkunstwerk aus Schönheit und Grazie von Klang- und Bewegungskraft war sie beeindruckend anzusehen. Besonders das emotionale Adagio samt einer improvisierten Solokadenz der Klarinette bewegte das Publikum.
Ohne Tanzeinlagen folgte dann Teil zwei des Konzerts mit »The Best of Giora«. In Stücken wie »Together« von Ora Bat Chaim, »Prayer« von Feidman selbst oder Gil Aldemas Suite in fünf Sätzen »In Chassidic Mood« kehrte der Weltstar zurück zu seinen Wurzeln, dem Klezmer, und zeigte unmissverständlich, wie brillant er sein Instrument beherrscht: Zwischen den für diese Musik typischen rasend schnellen Läufen und Trillern brachte er die Klarinette derart entfesselt zum Singen, Schreien, Kreischen oder Heulen, dass man einfach entzückt war.
Das Orchester ließ sich mitreißen und bezauberte ebenfalls. Abgerundet wurde die zweite Konzerthälfte durch das Larghetto aus Mozarts Klarinettenquintett in A-Dur (KV 581) und »Porgy and Bess«, einer Suite in sechs Sätzen von George Gershwin.
Natürlich kam Feidman nicht um mehrere Zugaben herum. Als Hommage an den Weltfrieden und speziell aufgrund aktueller politischer Probleme befand sich unter diesen eine Eigenkomposition, bestehend aus musikalischen Hauptthemen der deutschen, der israelischen und der palästinensischen Nationalhymne. Deutlicher hätte dieser Schlussakzent nicht machen können, was der begnadete Giora Feidman den Menschen mit seiner musikalischen Sprache vermitteln möchte.

Artikel vom 30.09.2006