29.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Das Zeichen der Versöhnung

Im lauen Wind wehten die deutsche (li.) und die russische Flagge am Gedenkstein.

Delegation aus dem russischen Rshew besucht das Mahnmal in Bardüttingdorf

Von Thomas Meyer (Text und Fotos)
Spenge (SN). Im Schatten Stalingrads wird der Weltkriegsschlacht bei der russischen Stadt Rshew, die über eine Million Opfer forderte, bundesweit mit nur einem Mahnmal gedacht. Den Gedenkstein ließ Karl Niehus-Obermann Anfang der 1990er Jahre an der Grenze Bardüttingdorfs zu Neuenkirchen errichten. Gestern besuchte zum zwölften Mal eine Delegation aus Rshew das Mahnmal.

Die 18 Lehrerinnen, Veteranen und weiteren Bürger aus der russischen 70.000-Einwohner-Stadt nahmen an einer Herbstreise teil, die das Kuratorium Rshew in Verl organisiert hatte. Mit dabei waren die stellvertretende Bürgermeisterin Olga Kolzowa und die Deutschlehrerin Irina Kondratjewa als Übersetzerin. Am Mahnmal in Bardüttingdorf kamen sie mit Veteranen und Vertretern der Städte Spenge und Melle zusammen. Bürgermeister Christian Manz (Spenge) rief in einer Ansprache zum Erinnern und Gedenken auf und würdigte die Arbeit Niehus-Obermanns. »Jetzt liegt es an uns, in eine gemeinsame Zukunft zu schauen«, so Manz. Mögliche Ansatzpunkte seien Erziehung und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Auch der Neuenkirchener Ortsbürgermeister Volker Theo Eggeling machte die Verknüpfung von Vergangenheit und Zukunft deutlich, betonte die Funktion des Denkmals als Zeichen der Versöhnung. Olga Kolzowa: »In beiden Ländern muss Frieden an oberster Stelle stehen.«
Schließlich informierte Wilfried Buddenbohm vom Kuratoriumsvorstand über die mittlerweile sehr erfolgreiche deutsch-russische Zusammenarbeit. 200 Besucher aus Rshew seien in den vergangenen zwölf Jahren nach Bardüttingdorf gekommen. In Rshew gebe es einen deutschen Soldatenfriedhof, auf dem im vergangenen Mai nach mehr als 60 Jahren die Gebeine von 600 Gefallenen begraben wurden.
In Bardüttingdorf legten die beiden Veteranen Heinrich Stühmeier und Iwan Kostenko (Russland) gemeinsam einen Kranz nieder. Dazu hielt Pastor Stefan Wallis aus Neuenkirchen eine Andacht, in der er an den verbindenden christlichen Glauben erinnerte - auch der Gedenkstein trägt mehrere Kreuze.
Die Gruppe besichtigte am Nachmittag das Polstermöbelunternehmen Frommholz im Industriegebiet Wallenbrück und sah sich später noch einen Friedhof an, auf dem ein sowjetischer Soldat begraben liegt, der im 1. Weltkrieg gefallen war. »Wir sollten auch diesen Abschnitt der deutsch-russischen Geschichte nicht vergessen«, mahnte Wilfried Buddenbohm.

Artikel vom 29.09.2006