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Pädagogen graben im Kartoffelacker

Angehende Biologie-Lehrer erleben die Welt der Erdäpfel auf dem Biohof Beckhoff

Von Maren Waltemode
Hücker-Aschen (SN). Die Luft riecht erdig, und der Spätsommernebel liegt noch über den Feldern von Hücker Aschen. Angehende Biologielehrer aus dem Kreis Herford, Minden-Lübbecke und aus Bielefeld schnuppern ostwestfälische Landluft, anstatt in schlecht belüfteten Seminarräumen und stickigen Klassenzimmern zu sitzen. Möglich war dies gestern auf dem Biohof von Heinrich-Hermann Beckhoff, wo eine Referendarsfortbildung rund um die Kartoffel stattfand.

»Angewandte Biologie« nennt Hermann Stuke, Fachleiter des Studienseminars für Biologie an der Universität Bielefeld, den Ausflug in die Welt der Erdäpfel. »Es geht darum, dass die zukünftigen Lehrer ihren Schülern ein Bewusstsein für die Natur und die Lebensmittel aus der Natur vermitteln sollen«, erklärt er den langfristigen Sinn der Aktion. Und Wilhelm Brüggemeier, Vorsitzender des landwirtschaftlichen Kreisverbandes, ergänzt: »Jedes dritte Kind weiß nicht, dass man Pommes frites aus Kartoffel herstellt.«
Die Schüler der angehenden Lehrer der Primarstufe und Sekundarstufe I können sich auf das fundierte Kartoffelwissen ihrer Biologielehrer verlassen: Mit einer Besichtigung des Biohofes, auf der die 21 Referendare Einblicke in die Kartoffel-Welt von Linda, Hansa, Marabel und Co. erhielten und Heinrich-Hermann Beckhoff alle Fragen rund um die tolle Knolle beantwortete, startete die Fortbildung vor Ort. Betriebsleiter Beckhoff führte die Biologen ins Kartoffellager, in dem die Erdäpfel in Holzkisten bis unter die Decke gestapelt sind.
Auch die wirtschaftliche Seite eines Biohofes interessierte die Referendare. Arbeitskräfte-und Maschineneinsatz, Produktivität und die Vermarktung der Produkte gehören eben auch zum Alltag eines Biobauern, der - entgegen so mancher romantischer Vorstellung - nicht nur erhaben auf seinem Trecker durch die Landschaft fährt. Dass Landwirtschaft auch viel mit Verwaltung zu tun hat, bewies Heinrich-Hermann Beckhoff: Er musste noch komplizierte Antragsformulare ausfüllen und war erst um drei Uhr morgens ins Bett gekommen.
Nach der Hofbesichtigung ging es auf den Acker, auf dem schon ein Kartoffelroder seine Runden drehte. Die Lehramtsanwärter, gewappnet mit Gummistiefeln oder festem Schuhwerk, konnten nun selbst zur Tat schreiten und »der Deutschen liebstes Gemüse« ernten. »Das ist schon was anderes als die Bio-Seminare in der Uni«, findet Teilnehmerin Suna Bakir.
Jeder Teilnehmer durfte die geernteten Erdäpfel mit nach Hause nehmen - und das nächste Gratin schmeckt bestimmt noch besser, wenn es mit selbst geernteten Kartoffeln zubereitet wird.

Artikel vom 28.09.2006