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Der Winter aus der Kanone

Gütersloher Firma montiert Klimatechnik im neuen »Snowdome«

Von Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). Karl-Heinz Kissing bringt den Winter in die Lüneburger Heide. In Bispingen montiert der Gütersloher Unternehmer die Kühl- und Klimatechnik für den »Snowdome« (»Schneedom«), nach Angaben der Bauherren die größte Skisporthalle Europas.

Der Transfer der österreichischen Berge in die norddeutsche Tiefebene kostet 33 Millionen Euro. Davon entfallen gut zweieinhalb Millionen Euro auf die Kühlung der 13 Schneemaschinen und der 23 000 Quadratmeter großen Halle. Die Halle hängt schräg in einer verzinkten Stahlkonstruktion. Hinten wurde sie in 50 Metern Höhe installiert, vorne mündet sie in einen kleinen Hügel. Damit erreicht die Halle gut 27 Grad Neigung - genug, um auf der 300 Meter langen und 100 Meter breiten Piste drinnen ein ordentliches Abfahrt-Tempo zu erlangen.
Der Schneedom wird am 21. Oktober eröffnet. Der Bauherr, die Ötztaler Gletscherbahn AG, rechnet mit 1000 Besuchern pro Tag. Im Einzugsgebiet der neuen Anlage leben 6,5 Millionen Menschen. Karl-Heinz Kissing rechnet Gütersloh dazu: »In zwei Stunden ist man dort. Gleich nebenan liegt der Heidepark Soltau, ein Center-Park und die Rennteststrecke von Michael Schumacher. Ein Ausflug dorthin lohnt sicher«, ist der Klimatechniker überzeugt.
Er kennt die Strecke über die Autobahnen A 2 und A 7 inzwischen wie im Schlaf. Über die Weihnachtstage 2005 hat er die Investoren überzeugen können, das Herzstück der neuen Anlage seinem 20 Mitarbeiter zählenden Familienbetrieb anzuvertrauen. Damit stach die Kissing GmbH & Co. KG international renommierte Konzerne aus. Dazu dürfte zum einen der gute Ruf der vor 36 Jahren von Ludwig-Wilhelm Kissing gegründeten Firma beigetragen haben - die Gütersloher kühlen unter anderem für Bertelsmann, Miele und einen spanischen Textilkonzern, sind mit der Technik stets auf Höhe der Zeit. Zum anderen zeigte Kissing einen Weg auf, wie die Betriebskosten der Kühlanlage denkbar niedrig gehalten werden können: »Ich denke, das gab den Ausschlag.«
Mittels Schläuchen, Druckluft, eiskalter Sole und tiefgekühlter Hallenluft »zaubert« Kissing mitten im Sommer lupenreinen Pulverschnee auf die Skipisten. Aus vier Ventilatoren über dem Sessellift lässt er 780 000 Kubikmeter Kaltluft pro Stunde in die Halle blasen. Dadurch bleiben die Temperaturen auf Gefrierschrankniveau. 50 Kilometer lange Kunststoffschläuche führen fünf Grad kalte Sole durch den Boden - darum wird der Schnee nicht schmelzen.
Pulverschneekanonen samt Klimatechnik - diese Konstruktion ist neu und weckt schon jetzt weltweite Neugier. »Sollte es in Bispingen problemlos klappen, ist der nächste Auftrag aus Moskau in Aussicht. Ein Hallenbetreiber aus Dubai hat auch schon angefragt. Die haben dort unten zur Zeit nur Schneematsche«, erzählt Kissing.

Artikel vom 27.09.2006