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»Es war eine intensive Zeit«

MARTa-Kuratorin Véronique Souben verlässt die Werrestadt

Von Hartmut Horstmann
Herford (HK). Die Metzgerei hinterm Glashaus wird eine ihrer attraktivsten Kundinnen verlieren. Denn Véronique Souben verlässt Herford. Doch keine Frikadelle der Region ist so schmackhaft, dass sie die Sehnsucht nach Paris in den Hintergrund drängen könnte. Über ihre Werrestadt-Zeit zieht die MARTa-Kuratorin ein positives Fazit, auch wenn es immer mal wieder Rückschläge gab.

Vor vier Jahren kam Véronique Souben nach Herford, lebt seitdem in einer Wohnung in der Sophienstraße. »Zum Glück waren schon Möbel drin«, lacht die 37-Jährige, fürs Einrichten wäre ihr keine Zeit geblieben. Von Anfang an forderte das Projekt MARTa (in den Anfängen vor allem eine Baustelle) ihre ganze Aufmerksamkeit: »Ich habe dafür gelebt. Es war eine reiche und intensive Zeit.«
Die junge Frau aus Frankreich, die zuvor in Metropolen wie Paris oder Berlin gelebt hat, traf in Herford auf ein »ungeheuer engagiertes Team«. In einem Jahr MARTa habe man so viel erreicht wie andere Museen in der doppelten Zeit. Energie, Leidenschaft - diese Worten fallen immer wieder, verdeutlichen, dass Souben an das Engagement glaubt - wobei sie eine große Ungleichzeitigkeit der Entwicklungen wahrnimmt. In anderen Städten würden Menschen, die sich für Kunst und Design interessierten, zunehmend auf Herford aufmerksam: »Leute sprechen mich an und sagen, dass sich hier etwas bewegt.«
Anders die Wahrnehmung in Herford, die auch von vielen kritischen Stimmen begleitet wird. Das laut Souben mitunter Demotivierende für das Team: »Immer wenn wir uns gerade besonders angestrengt hatten, kam ein neuer Tiefschlag.« Diskussionen über Kosten seien berechtigt, aber oft sei der Eindruck entstanden, als interessiere sich kaum jemand für die Leistung der Mitarbeiter.
Souben ist von der Zukunft des MARTa überzeugt. Dabei bezieht sie ihren Optimismus auch aus der Rolle, die sie der Kunst in der Gesellschaft beimisst: »Kunst hat mit Utopien, mit Visionen zu tun.« Irgendwann werden diese Utopien eine breitere Verankerung finden - was auf Herford bezogen bedeutet: Die Werrestädter werden ihr MARTa zunehmend zu schätzen lernen. Alles eine Frage der Zeit, sagt die Französin. Das gelte auch für die Beschäftigung mit moderner Kunst, die nicht so eingängig sei wie die Bildersprache des Fernsehens und der Werbung.
Wenn Veronique Souben die »kleine, süße Stadt« Herford dennoch verlässt, dann spielt die Liebe eine entscheidende Rolle. Ihr Freund, ein Architektur-Professor, lebt in Paris. Und die langen Fahrten seien nach drei Jahren doch recht anstrengend geworden. Eine neue feste Anstellung hat sie noch nicht, doch ist klar, dass sie weiterhin im Kunstbereich aktiv sein wird.
Natürlich werde sie auch das MARTa ab und zu besuchen, so die 37-Jährige. Ihr Lieblingsort in dem Museum ist die Terrasse am Fluss, als einen bevorzugten Platz in der Innenstadt nennt sie eine »Metzgerei am Glashaus«: »Da gibt es leckere Frikadellen.«

Artikel vom 27.09.2006