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Lateinlehrer dringend gesucht

Defizit am Gymnasium: Pensionierter Kollege ist schon eingesprungen

Von Annemarie Bluhm-Weinhold
Steinhagen (WB). »Deficit« heißt es im Lateinischen - »es fehlt«. Es fehlt auch am Steinhagener Gymnasium: An Lateinlehrern nämlich besteht - um beim Begriff zu bleiben - ein echtes Defizit. Geschlossen werden kann die Lücke im Stundenplan nur dank der Mithilfe eines bereits pensionierten Kollegen.

Dr. Walter Mersmann (66), ehemaliger Konrektor des CJD-Gymnasiums Versmold und seit zwei Jahren im Ruhestand, ist für ein halbes Jahr eingesprungen, um den akuten Engpass zu überbrücken. Mit jeweils zwei Stunden steht er montags, dienstags, donnerstags und freitags zur Verfügung und übernimmt den Unterricht der 8 d und der Lateingruppe der 7 b und d. Die Kapazitäten der beiden Lateinlehrerinnen des Gymnasiums, Sandra Brinkmann und Sandra Rohlfing, reichen inzwischen kaum noch aus, um den Bedarf zu decken. Schon gar nicht im Hinblick auf die Oberstufe, die im nächsten Schuljahr beginnt.
Bereits seit geraumer Zeit sucht die Schule händeringend einen dritten Kollegen. Doch: »Es sind einfach keine Lateinlehrer auf dem Markt«, sagt Sandra Brinkmann. Der Mangel sei inzwischen so groß, dass jeder, der jetzt seinen Abschluss macht, zwischen mehreren Stellen wählen könne. Es habe zwar immer Wellen in der Lehrerausbildung gegeben, Zeiten mit vielen und dann stellenlosen und Zeiten mit wenigen Absolventen, weiß Sandra Brinkmann. Aber Latein ist eben ein exotisches Fach, wie sie sagt, das ohnehin nicht viele studieren. Noch schlimmer droht die Lage zu werden, wenn der Lateinstudiengang der Uni Bielefeld, der einzige in OWL, im kommenden Jahr endgültig geschlossen wird.
Die »tote« Sprache ist höchst lebendig - von Auslaufmodell kann keine Rede sein: Die Hälfte eines jeden Jahrgangs am Steinhagener Gymnasium entscheiden sich als zweite Fremdsprache für Latein. Und damit liegt die Schule voll im Trend. Latein und auch Griechisch stehen in allen Bundesländern auf dem Lehrplan. »Die Grundsatzdebatte über alte Sprachen ist in den 70-er Jahren längst gelaufen«, sagt Sandra Brinkmann. Latein habe seine Daseinsberechtigung längst bewiesen - als wichtiger Vermittler bestimmter Werte und Schlüsselqualifkationen. Sandra Brinkmann zählt nur einige auf: »Präzises und kleinschrittiges Arbeiten, Sorgfalt, logisches Denken, die Erweiterung der Kompetenzen in der Muttersprache werden gefördert.«

Artikel vom 23.09.2006