23.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wenn das Sekretariat zum Bahnhof wird

Monika Willer wechselt nach 17 Jahren an der Hauptschule in den Ruhestand

Von Matthias Band (Text und Foto)
Bad Oeynhausen-Eidinghausen (WB). Rege Betriebsamkeit am Pult. Das Telefon klingelt, ein Schüler braucht eine Bescheinigung. Pötzlich stürmt ein weinendes Kind ins Büro. Monika Willer bleibt ruhig.

Aus dem Lehrerzimmer ruft auch noch jemand, dass der Kopierer mal wieder kaputt sei - eine ganz normale Szene aus einem Arbeitsleben in der Hauptschule. Monika Willer geht dort Ende September nach 17 Jahren in den Vorruhestand.
Als sich die gelernte Verwaltungsfachangestellte 1989 bei der Stadt Oeynhausen bewarb, wurde ihr spontan die Stelle in der Hauptschule angeboten. »Ich habe sofort zugesagt. Schließlich wohne ich ja nur zehn Minuten entfernt«, sagt Monika Willer. Nach der Babypause war es jedoch schwierig für die zweifache Mutter, wieder in das Berufsleben einzusteigen. »Ich war 12 Jahre raus. Mit 44 musste ich mich plötzlich mit Computern befassen«, erklärt die Sekretärin.
Wenn sie morgens um 7.30 Uhr anfängt, weiß sie oft nicht, was der Tag bringt. »Manchmal klingelt das Telefon pausenlos und hier steppt der Bär, manchmal ist es aber auch erstaunlich ruhig.« Monika Willer weiß, dass es aber oft nur die Ruhe vor dem Sturm ist, denn selten gibt es Momente, in denen sie eine Aufgabe ungestört erledigen kann.
»Es ist ein Klischee, aber bei Frau Willer stimmt es«, sagt Schulleiter Kurt Hauptmeier. »Sie ist die gute Seele der Schule.« Eine Frau für alles, die Rechnungen schreibt, Bestellungen macht, Anträge für Busfahrkarten ausgibt oder die Termine und Aufgaben des Schulleiters koordiniert.
»Als es hier noch keinen Sozialarbeiter gab, musste ich mich auch viel um die Probleme der Schüler kümmern. Ich bin eben ihre erste Ansprechpartnerin.« Die psychologische Betreuung durch den Sozialarbeiter erleichtert nun ihre Arbeit. »Seitdem ist es hier im Büro merklich ruhiger geworden«, sagt sie.
Ein bisschen mulmig wird es ihr immer noch, wenn sie blaue Briefe verschicken muss. »Das gehört aber zu meinen Beruf dazu«, sagt Willer. Mit Wehmut denkt sie an die 17 Jahre Schule zurück. »Hier sind schon so viele lustige Sachen passiert, das glaubt man gar nicht.«
Einmal sei ein Fünftklässler ins Sekretariat gekommen und habe darum gebeten, seine Mutter anzurufen. »Da war im Büro gerade ein heilloses Durcheinander«, erklärt Willer. »Der Junge wollte von seiner Mutter abgeholt werden. Als sie ihn jedoch fragte, wo er denn jetzt sei, antwortete er: am Bahnhof«, erzählt die Sekretärin. »Das Tohuwabohu im Büro hat den Jungen offensichtlich so verwirrt, dass er tatsächlich dachte, er sei am Bahnhof.«
Schulleiter Kurt Hauptmeier ist jetzt schon ein bisschen traurig, dass Monika Willer ab Oktober nicht mehr mit an Bord ist: »Frau Willer hat alle Kollegen immer toll unterstützt. Sie hat immer die Ruhe bewahrt und sehr umsichtig gehandelt. Sie wird uns fehlen«, sagt er.

Artikel vom 23.09.2006