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Zwei Cops auf Streife im Kurpark

Polizisten aus Chicago tauschen sich mit Bad Oeynhausener Kollegen aus

Von Matthias Band (Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Ein Gerät, mit dem man alle Ampeln auf grün stellen kann. »Das hätte ich auch gern«, sagt Armin Sieker, Polizist in Bad Oeynhausen. Wie er gestern von zwei US-Kollegen erfuhr, ist dies im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kein Problem.

Die beiden amerikanischen Polizisten Marci und Keith Landy sind zurzeit bei Familie Heper in Bad Oeynhausen zu Besuch. »Ich war zwischen 2004 bis 2005 als Au-Pair-Mädchen bei den Landys in Chicago. Sie wollten immer schon mal nach Deutschland. Jetzt sind sie endlich da«, freut sich Kathrin Heper über das Wiedersehen.
Und Kathrins Mutter Karin dachte sich, dass es doch eine nette Idee wäre, wenn Marci und Keith sich mit ihren deutschen Kollegen austauschen und die Oeynhausener Polizeiwache kennenlernen könnten.
»Es ist aber auch als kleines Dankeschön gedacht«, erklärt Karin Heper. Als sie nämlich im vergangenen Jahr ihre Tochter in Chicago besuchte, durfte sie in einem Streifenwagen durch die US-Metropole fahren.
Gestern ließen sich Marci und Keith dann ihrerseits mit einem Streifenwagen von den Polizisten Thomas Müller und Armin Sieker durch die Oeynhausener Innenstadt fahren. Dabei hatten die Gäste viel Interessantes über ihren Beruf in Chicago zu erzählen.
Zum Beispiel, dass die Polizisten in den USA bereits nach 20 Jahren in Pension gehen können. »Und das bei 50 Prozent ihrer Bezüge«, sagte Armin Sieker ein bisschen neidisch. »Oft ist es so, dass die Chicagoer Polizisten schon nach 20 Jahren einen anderen Job machen«, erklärt Keith Landy seinen deutschen Kollegen.
Erstaunt zeigten sich Müller und Sieker auch über die technische Ausrüstung der amerikanischen Streifenwagen. »Die Kollegen haben uns erklärt, dass alle Polizeifahrzeuge einen Laptop haben und mit einer Videokamera ausgestattet sind«, sagt Thomas Müller.
Die Amerikaner haben aber noch einen weiteren Vorteil bei ihrer täglichen Arbeit: Sie können mit einem so genannten Opticon alle Ampeln im Straßenverkehr auf grün stellen. »Die Arbeit der Polizei hat bei uns einen hohen Stellenwert. Nur noch die Feuerwehr kann uns mit ihrem Signalgeber übertrumpfen«, erklärt Keith mit einem Schmunzeln.
Und welche Unterschiede gibt es in der alltäglichen Arbeit? »Nur wenige«, antwortet Marci Landy. Sie leben und arbeiten in Lindenhurst - einem Vorort von Chicago. Er sei von der Einwohnerzahl ähnlich groß wie Bad Oeynhausen.
Zurzeit gebe es dort sehr viel Probleme mit Drogen und mit Migranten. »Und mit der russischen Mafia«, ergänzt Keith. Die Verbrecherorganisation sei für den Großteil der Einbrüche und Diebstähle verantwortlich, sagt er. Armin Sieker sieht die Situation für Bad Oeynhausen ähnlich: »Seit der Öffnung der Mauer haben wir viel mehr Probleme mit Drogen und auch mit organisierter Kriminalität aus Osteuropa.«
Dass die US-Polizei gegenüber der deutschen öffentlichkeitswirksamer organisiert ist, merkten Müller und Sieker, als die Landys auf das Stichwort »Community Policing« zu sprechen kamen. Das ähnelt in etwa der Arbeit der Bezirksbeamten, die auch hier zum Zwecke der Aufklärung Schulen, umfasst aber noch viel mehr: Die amerikanische Polizei bietet den US-Bürgern ein zehnwöchiges Begleitprogramm an, bei dem sie erfahren sollen, wie stressig die Arbeit eines Polizisten sein kann. Zum Beispiel im Schießstand.
Thomas Müller sieht solche Einblicke aber mit gemischten Gefühlen. »Unseren Bürgern den Gebrauch mit Waffen zu vermitteln, sehe ich nicht als Aufgabe der Polizei an«, sagt er. »Das würde unsere Arbeit nur erschweren. Für uns ist es schon schwierig genug, wenn wir Schülerpraktikanten dabei haben, weil wir sie natürlich nicht mitnehmen können, wenn es richtig brenzlig wird«, erläutert Müller.
Morgen geht es für Marci und Keith Landy nach Nürnberg. »Aber mit dem Zug. Meinem Mann ist das Fahren auf den deutschen Autobahnen zu anstrengend und zu schnell«, sagt Marci Landy. Danach bereisen die amerikanischen Polizisten noch Berlin, Paris und Rom. Auch in den europäischen Hauptstädten wollen sie Kollegen besuchen und deren Arbeitsweisen und Probleme vor Ort kennen lernen.
Spätestens in zwei Jahren wollen sie dann wieder nach Bad Oeynhausen kommen, um Familie Heper zu besuchen. Vielleicht schauen sie dann auch mal wieder in der Blücherstraße vorbei - der Polizeiwache von Thomas Müller und Armin Sieker.

Artikel vom 21.09.2006