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Immer mehr
Kinder in Armut

Aktionstag auf dem Marktplatz

Kreis Höxter (WB). Anlässlich des Tages des Kindes heute, Mittwoch, weist der Kinderschutzbund im Kreis Höxter auf Armut hin, von der auch immer mehr Kinder hier betroffen sind.

»Mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention hat die Bundesrepublik das Recht des Kindes auf einen seiner Entwicklung angemessenen Lebensstandard anerkannt. Immer mehr klafft in Deutschland die soziale Schere auseinander: immer mehr Elternteile sind heute von materieller Armut betroffen, wobei gerade die Kinder unter den Folgen, sozialer Armut und Teilhabe-Armut, besonders zu leiden haben«, meint Gabriele Popp-Linder, Geschäftsführerin des Paritätischen in Höxter.
Allein in Höxter gebe es mehr als 1175 Bedarfsgemeinschaften, also Menschen, die als Unterhalt Hartz IV bezögen und arbeitssuchend seien. »Das bedeutet, dass es sich mindestens um 1175 Kinder handelt, die in unserer Stadt von Armut betroffen sind«, betont die Geschäftsführerin. Das bedeute, dass Erwachsene bei Hartz IV einen Ausgangsbetrag in Höhe von 345 Euro pro Erwachsener erhalten - Kinder noch weniger, zwischen 207 und 311 Euro. Kindergeld und Unterhaltsgeld werde angerechnet. Gabriele Popp-Linder: »Der Kinderschutzbund weist auf Landes- und Bundesebene zu Recht darauf hin, dass Kinder in den Bedarfsgemeinschaften in Armut leben. Das bedeutet, dass es den Kindern kaum möglich ist, die Musikschule zu besuchen; dass es ihnen nicht möglich ist, mit der Familie einen Zoo zu besuchen; dass es schon gar nicht möglich ist, auch einmal gemeinsam Urlaub zu erleben; dass es den Kinder verwehrt bleibt in Sportvereine zu gehen oder Nachhilfestunden zu bekommen.«
Viele Familien schämten sich. Nur im persönlichen Gespräch erfahre auch der Kinderschutzbund immer wieder davon.
»Aber ist das im 21. Jahrhundert wirklich zeitgemäß?«, fragt Gabriele Popp-Linder: »Wir sehen, wie die Schere derjenigen die besitzen und den Menschen in unserer Gesellschaft, die arm sind, in keinem Verhältnis mehr steht, insbesondere dann, wenn mehr als eine Billion Dollar weltweit im Jahr 2005 für Rüstung ausgegeben wurden, bei gleichzeitigem Abschmelzen der Sozialausgaben.« Auch in Höxter gebe es Kinder, die nur ein Paar Schuhe besäßen - und die seien zerschlissen. Turnschuhe und speziell welche für den Sportunterricht, das zähle bereits für viele Familien als unerschwinglich.
»Nicht genug danken können wir in unserer Stadt der Höxteraner Tafel und dem Mittagstisch, durch die Initiative der Katholischen und Evangelischen Kirchengemeinde ins Leben gerufen, und durch viele ehrenamtliche Helfer aufrechterhalten, dass Familien sich für einen Euro wöchentlich frisches Gemüse, Molkereiprodukte und weitere Esswaren abholen dürfen, die in den Supermärkten und anderen Lebensmittelläden nicht am selben Tag verkauft wurden«, sagt die Geschäftsführerin.
Betroffenen Kindern sei es wegen fehlender finanzieller Mittel oft nicht möglich, an Unternehmungen mit Gleichaltrigen - vom Kinobesuch bis zur Klassenreise - teilzunehmen. So würden sie in die Rolle von Außenseitern gedrängt. Im Laufe dieses Jahres habe der Kinderschutzbund geholfen, dass für 15 Kinder die Klassenfahrt nicht abgesagt werden musste und sie in ihrem Klassenverband verbleiben durften. Auch helfe er den Eltern beim Mittagstisch in der Offenen Ganztagsgrundschule. Das gehe ausschließlich über Spenden an den Kinderschutzbund.
Gabriele Popp-Linder: »Hoffnung und Ziel des Kinderschutzbundes dabei ist, dass sich viele Menschen finden, denen das Wohl nicht nur der eigenen Kinder am Herzen liegt, sondern insgesamt.« Es sei auch wichtig, dass Bürgerinnen und Bürger der Stadt Höxter mithelfen, »dass es unseren Kindern gut geht.«
In diesem Sinne wird heute der Tag des Kindes auf dem Marktplatz von Höxter von 14 bis 17 Uhr begangen.

Artikel vom 20.09.2006