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Anderswo bessere Voraussetzungen

Manager Siegfried Roch: »Viele Spieler finden anderenorts bessere Voraussetzungen.«
Geschäftsführer Uwe Kölling: »Die Kritik ist die gezielte Sache einiger weniger.«

TuS N-Lübbecke: Manager Siegfried Roch nimmt Stellung zur Kritik der Fans

Lübbecke (WB). Die Wellen rund um Handball-Bundesligist TuS N-Lübbecke schlagen hoch. Die Fans üben derzeit deutliche Kritik am Management. Manager Siegfried Roch und Geschäftsführer Uwe Kölling nahmen in einem Gespräch mit Sportredakteur Volker Krusche Stellung zu dem Vorwürfen.

Aufatmen bei Mannschaft, Trainer und Manager nach dem ersten Saisonsieg. Wie hoch ist der Druck, der von allen Beteiligten genommen wurde?Siegfried Roch: »Wir mussten gewinnen, gar keine Frage. Es war ein weiterer Schritt nach vorn, der zusätzliches Selbstvertrauen verliehen hat. Es ist jetzt sicher einfacher, nach vorn zu schauen.«
Uwe Kölling: »Super, dass wir gewonnen haben. Doch angesichts der nun folgenden Aufgaben wird der Druck weiter bleiben.«

Aus den Reihen der Fans mehrt sich Kritik am Management. Im Vorfeld der Saison gab es doch ein Treffen mit den Anhängern. Gab es denn keine Ergebnisse?Roch: »Doch, aber den Fans ging es in erster Linie um ihren Live-Ticker, den wir angeblich einstellen würden. Aber wir haben ihn nicht gestrichen, sondern bedienen uns nur dem der Handball-Bundesliga.«
Kölling: »Es hat ein Gespräch mit etwa 20 Fans stattgefunden, das, so meinte ich jedenfalls, auch gut verlief. Als ich dann die Reaktionen gesehen habe, war ich völlig überrascht. Die Kritik ist die gezielte Sache einiger weniger. Das ging nur ins Persönliche. Für mich ist das eine bodenlose Unverschämtheit.«
Roch: »Das hat sich alles nur entwickelt, weil der früher für den Live-Ticker zuständige Fan-Club-Vorsitzende jetzt keinen freien Eintritt mehr hat, sondern seine Dauerkarte kaufen musste.«

Die Fans sagen, dass Abgänge nicht gleichwertig kompensiert wurden. Sie fragen, ob es eine Sache des Geldes oder eher der Kontakte sei. Für beides, Sponsorengewinnung und das Aufspüren geeigneter Spieler für den TuS, sei der Manager verantwortlich.Kölling: »Ich verstehe nicht, wie es sich die Leute trauen, so etwas zu behaupten. Der Trainer macht Vorschläge, was er braucht. Der Manager schaut, ob sie ins Gehaltsgefüge passen und bereit sind, für uns zu spielen. Woher wissen die Kritiker, dass Sigi Roch für die Sponsorengewinnung zuständig ist. Ist er nämlich nicht!«
Roch: »Ich empfinde diese Aussagen als Dreistigkeit von Leuten, die mit dem Geschäft überhaupt nichts zu tun haben.«

Es wird behauptet, Sie, Herr Roch, hätten bestätigt, der Kritik der Geldgeber im VIP-Raum aus dem Wege gegangen zu sein. Stimmt das - und wenn ja, warum?Roch: »So werden Dinge falsch dargestellt. Ich bin einer unsachlichen Kritik aus dem Wege gegangen, um mit der korrekten Darstellung keinem unnötig auf die Füße zu treten.«
Kölling: »Wenn wir keinen Dialog mit den Sponsoren führen würden, wären wir in unser Funktion ja wohl fehl am Platze.«

Wenn Identifikationsfiguren den Verein verlassen, so trauert die Fan-Gemeinde ihnen natürlich nach. Warum hat man Fabian van Olphen überhaupt eine Ausstiegsklausel eingeräumt?Roch: »Ohne diese Klausel hätte Fabian gar nicht erst verlängert. Er wäre dann vorher abgewandert.«

Mit Beginn der Saison wurde bekannt, dass mit Rolf Hermann Lübbeckes einziger deutscher Nationalspieler nach der Spielzeit seine Zelte in Lemgo aufschlagen will. Hier wird dem Management vorgeworfen, sich nicht intensiv um seinen Verbleib eingesetzt zu haben - so wie es die Mindener bei Arne Niemeyer taten.Roch: »Der Vergleich mit Niemeyer hinkt. Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Arne hatte noch einen bis 2008 laufenden Vertrag mit GWD. Klar, dass man ihn da nicht raus lässt. Bei Rolf läuft der Vertrag aus. Wenn ein Spielerberater eineinhalb Jahre vor Vertragsende zu uns kommt und sagt, dass Hermann nach Lemgo will, dann spielen da in erster Linie sportliche Belange eine Rolle. Ich habe häufiger mit Rolf gesprochen. Für ihn zählt die bessere sportliche Perspektive. Das muss man akzeptieren, auch wenn es weh tut.«

Ist Lübbecke für gute Spieler zu uninteressant?Roch: »Viele Spieler finden anderenorts bessere Voraussetzungen. Wenn ein Interessent zu uns in die Halle kommt, dann sieht er sofort den Unterschied zu anderen Bundesligisten. Die Kreissporthalle ist nicht gerade eine tolle Visitenkarte. Wir hatten mit Hegemann oder Oechsler gesprochen. Doch sie entschieden sich für andere Klubs.«

Ein weiterer Kritikpunkt ist das Marketing. Imagefördernde Maßnahmen gebe es kaum. Innovation, Kreativität werden vermisst.Roch: »Wir haben nicht die Möglichkeit, im Foyer oder in der Halle großartig was zu machen. Vor längerer Zeit haben wir auf dem Parkett eine Disco angeboten. Die wurde aber nicht angenommen.«
Kölling: »Ich denke, dass wir im Marketing-Bereich in der Vergangenheit schon Einiges bewirkt haben. Man schaue nur, dass diverse neue Sponsoren dabei sind. Aber das scheinen Dinge zu sein, die die Leute nicht registrieren oder nicht registrieren wollen.«

Wie will man überhaupt neue Zuschauer für sich gewinnen?Roch: »Wir führen ja schon geraume Zeit Aktionen mit Vereinen durch, die wir mit unserem Fan-Bus zum Spiel abholen. Daran kann der geringe Zuspruch nicht liegen. Im Vorjahr war das nicht anders. Da hatten wir nach 10:2 Punkten gegen Gummersbach nur 1800 Zuschauer. Wann war denn die Kreissporthalle mal ausverkauft? Da muss man wohl bis in die Europapokal-Zeiten zurückgehen.«
Kölling: »Das Interesse am Bundesliga-Handball hat merklich nachgelassen. In Minden ist das ja nicht anders. Die Identifikation ist nicht mehr wie früher. Wir bemühen uns schon seit geraumer Zeit, uns in Oeynhausen, Bünde, Herford interessant zu machen. Aber das geht nicht von heute auf morgen.«

Andere Teams, wie beispielsweise der TV Großwallstadt, lagen vor nicht allzu langer Zeit wirtschaftlich sogar hinter dem TuS, haben ihn heute aber in vielen Belangen überholt. Weshalb macht Lübbecke nicht diese Schritte?Roch: »Ich verstehe diesen Ansatz der Fans nicht. Wenn wir gegen Wilhelmshaven gewinnen, ist doch alles im Lot. Man kann doch nicht immer nur alles schlecht reden.«
Kölling: »Was ist denn bei uns bislang passiert. Doch nicht viel. Wir haben halt das Problem, dass wir viele neue Leute in die Mannschaft integrieren mussten. Aber es ist doch nur eine Frage der Zeit, wann das Team eingespielt ist. Ich denke schon, dass wir die Vorjahresplatzierung erreichen werden. Also kann von Überholen anderer Klubs doch keine Rede sein.«

Besonders erregt sind die Anhänger, weil für die jungen Fans, so wie es Minden mit der Nachwuchs-Dauerkarte für 50 Euro vormachte, die Tickets zu teuer seien und das Management nicht gewillt sei, hier was Neues auf die Beine zu stellen. Warum nicht? Leere Plätze bringen doch auch kein Geld?Kölling: »Das ist so nicht richtig. Wir haben beim Kartenverkauf ein Gerüst - und das steht. Wir machen doch viel für den Nachwuchs.«
Roch: »Wir werden doch jetzt nicht etwas über den Haufen werfen, wofür wir vier Jahre gebraucht haben. Damals gingen 1000 Freikarten raus. Sowas macht doch alles kaputt. Das kann nicht unser Ziel sein. Viele Fans wissen genau, was wir für sie tun. Man sollte auch nicht vergessen, dass von über 100 Fan-Club-Mitgliedern nur etwa 25 eine Dauerkarte gekauft haben.«

Artikel vom 19.09.2006