20.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kopfüber bis zum WM-Titel

Spenger Rolf Allerdissen startete in Bremen im Purzelbaum-Schlagen

Von Pia Schreiber
Spenge/Bremen (SN). Auf dem strahlend grünen Rasen des Osterdeiches leuchten knallrote Zelte. Die Sonne zaubert ein Farbenspiel der Extraklasse. Passend dazu gesellt sich mit orangefarbener Brille und wasserstoffblonden Haaren Rolf Allerdissen. Der Spenger will sich heute den Weltmeistertitel in der Disziplin »Kalabums« erkämpfen.

»Der Ostwestfale würde von einem ÝKoppsala BölterÜ sprechen. Gebräuchlicher ist wohl der Begriff Purzelbaum«, doziert der Eventmanager.
Die zweite Kalabums-WM in Bremen startet in diesem Jahr mit rund 70 Teilnehmern aus verschiedenen Ländern, auf die der 30 Meter lange, 45 Grad steile Osterdeich, sowie gut 15 Purzelbäume warten. Man tritt in den Kategorien »Sprint«, »Staffel« und »Kostüm« gegeneinander an. In letzterer »kalabumst« Rolf Allerdissen.
Das Kostüm? Ein Eisbärenoutfit mit besonders dickem Fell lässt Allerdissen in der prallen Sonne die Schweißperlen auf die Stirn kullern. Durch die Maske wird er beim Purzeln wohl nicht ganz so gut sehen können. Der 40-Jährige wünscht sich dafür Extrapunkte in der B-Note und: »Ich will Weltmeister werden!«. Gut gebrüllt, Eisbär. Dann werden wir mal sehen.
Das Training unter Carsten Scholtz geht noch etwas schleppend voran. Ohne Helm wagt es der Eisbär nicht, den Hügel zu bezwingen. Vorab trainieren ging leider nicht, bedauert er jetzt: »Mamas Garten hat kein Gefälle.« Dafür hat die Mama mit Fischstäbchen stets für reichlich Trainingsnahrung und das »nordische Feeling« gesorgt. »Wir wollten uns ja gut auf Bremen vorbereiten.« Das Eisbärenkostüm ist ein Relikt aus Papas Karnevalszeit. Der Eisbär stehe für die Bremerhavener Basketballmannschaft »Eisbären«.
Weiter im Training. Nun werden die zehn goldenen Regeln des Kalabumsens beäugt. Regel Nummer fünf zum Beispiel: »Ein Kalabumser ist ehrlich, höflich, wahr- und freiheitsliebend und meidet Enthaltsamkeit«. Rolf Allerdissen nickt kurz: »Jo!« und erklärt fachmännisch mit einem Augenzwinkern: »Enthaltsamkeit wäre ja nun auch schlecht für das Bruttosozialprodukt, nicht wahr?«. Oder Regel Nummer sechs: »Ein Kalabumser reicht jedem Kalabumser in der Not die Hand«. Das könnte allerdings schwer werden mit den Eisbärpranken.
Am Ende war Dabeisein dann aber doch alles. Die ganze Mühe hat leider nicht das erhoffte Ziel gebracht. Rolf Allerdissen gab alles, doch die Schlitze in seiner Eisbärenmaske verwirrten. »Ich dachte ich sei schon fertig und habe mich gefragt, warum keiner jubelt. Da habe ich gemerkt, dass ich nicht an der Ziel- sondern an der Seitenlinie saß«, schmunzelt der Spenger. So war nur der letzte Platz drin.
Er ist sich sicher: »Die sechs Juroren haben sich einfach nur für das schönste Gesicht entschieden.« Dieses gehört Christiane aus Bremen. Im Kostümwettbewerb überzeugte sie die Juroren am meisten. Im Sprint überragte Roman - auch aus Bremen - der mit 4,09 Sekunden den Weltrekord knackte. Der Sieg in der Kategorie »Staffel« ging an das Team »Equa-Tor«. An die drei Sieger ging ein Bierwagen mit 100 Litern Bier für die nächste Party.
Das Bier für die Feier seines vierzigsten Geburtstages muss Allerdissen nun wohl selbst besorgen. Aber immerhin: Eine Urkunde gab es und auf der steht: »Vor Engagement überschlagen, aber relativ erfolglos teilgenommen«. Der Kalabumser nickt genügsam und prophezeit: »Nächstes Jahr wieder. Ist ja schon «ne sinnvolle Tagesbeschäftigung.«

Artikel vom 20.09.2006