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Die Stunden nach der Detonation

500 Männer und Frauen waren als Katastrophenhelfer im Einsatz

Von Wolfgang Braun
Höxter (WB). Um 9.16 Uhr zerriss eine fürchterliche Detonation die Luft: Der 64-jährige Rentner Günther Hartmann hatte sein Haus durch die Entzündung eines Benzin-Gas-Luft-Gemischs in die Luft gesprengt.

Eine 81-jährige Rentnerin und ein 79-jähriges Rentner kamen dabei ebenso ums Leben wie der Verursacher der Explosion, der mit seiner Tat einen jahrelang die Gerichte beschäftigenden Erbstreit hatte beenden wollen. Hartmann hatte in einem Brief, der nach dem Verbrechen einging, so die Tat gerechtfertigt. 56 Personen wurden - zum Teil sehr schwer - verletzt. Sie wurden von umherfliegenden Glassplittern und Trümmern getroffen.
Die Druckwelle der Explosion reichte bis in die Marktstraße. Die Detonation war so gewaltig, dass sie Dachbalken des vollkommen zerstörten Hauses Hartmann über das Dach des Historischen Rathauses hinweg schleuderte. Der Kunsthändler Wilfried Henze, der im Haus Hartmann seine Galerie betrieb, verlor unter anderem seine einmalige Sammlung von Weser-Bildern.
Viele Schutzengel hatten die 15 zwei- bis vierjährigen Mädchen und Jungen der »Mäusezahn«-Gruppe, die sich im Pfarrhaus aufgehalten hatten. Gewöhnlich spielten sie im Pfarrgarten unweit des Hartmannhauses, der nach der Explosion mit Trümmern übersät war. Keines der Kinder wurde verletzt.
Im Einsatz waren neben der Feuerwehr mit etwa 150 Wehrleuten das Deutsche Rote Kreuz, das Technische Hilfswerk, die Bundeswehr mit 80 Soldaten und die Hundestaffel der Johanniter, die nach Verschütteten unter den Trümmern suchte. Die Leitung der Einsatzkräfte von etwa 500 Personen oblag dem Höxteraner Wehrführer Stefan Dickel. Im Einsatz waren zur Betreuung der Traumatisierten auch Notfallseelsorger, Psychologen und Psychotherapeuten. Die Erstversorgung übernahmen auch Ärztinnen und Ärzte des Ärztehauses an der Kilianikirche vor allem in der Praxis von Dr. Wohner und Dr. Freede.
Zunächst war ein Verletztensammelpunkt auf der Marktplatz eingerichtet worden, der aber dann in die Turnhalle der Kaserne verlegt wurde, nachdem Gasgeruch aus einem Gulli auf dem Markt wahrgenommen worden war. Aber nach Untersuchungen durch einen Kampfmittelspürpanzer der Bundeswehr konnte eine weitere Explosionsgefahr ausgeschlossen werden. Die Verletzten waren in den Krankenhäusern Höxter, Brakel und Holzminden behandelt worden.
Der Explosionsort blieb nach der Tat auch wegen der Ermittlungsarbeiten weiträumig abgesperrt. Die Leiche von Günther Hartmann wurde erst am Abend des nächsten Tages geborgen.

Artikel vom 19.09.2006