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Alle Opfer gerettet

THW, DRK und Feuerwehr proben den Ernstfall

Von Ingo Schmitz
Höxter (WB). Bei der Explosion in Höxter vor einem Jahr arbeiteten die Hilfsorganisationen Hand in Hand. Dass der Einsatz trotz seiner Dimensionen reibungslos verlief, ist dem Übungsfleiß vieler ehrenamtlicher Helfer verschiedener Organisationen zu verdanken. Wie diese sich gemeinsam auf den Ernstfall vorbereiten, zeigt die zwölfte Folge der WESTFALEN-BLATT-Serie »Blaulicht«.

Es ist Samstag, 7 Uhr. Während manch einer sich noch einmal in seinem Bett umdreht, laufen in Höxter die Vorbereitungen für eine Großübung von Technischem Hilfswerk (THW), Feuerwehr und Deutschem Roten Kreuz (DRK) auf dem Gelände der Bundeswehr an der Weser auf Hochtouren.
60 ehrenamtliche Einsatzkräfte werden an diesem Tag bei schönstem Sonnenschein in ihrer Freizeit für das Wohl ihrer Mitmenschen kräftig ins Schwitzen kommen. Bernd Lahme, Fachberater des THW, erläutert das angenommene Übungs-Szenario: »Nach mehreren Explosionen auf dem Wasserübungsplatz der Bundeswehr werden neun Jugendliche vermisst, die dort gespielt haben. Sie sind in eingestürzten Gebäuden gefangen. Erschwert wird der Abtransport der Verletzten dadurch, dass sie nur über die Weser zu den Rettungswagen gebracht werden können. Aus diesem Grund muss ein Fährverkehr eingerichtet werden.«
Ausgedacht hat sich die Übung der Ortsverband Höxter des Technischen Hilfswerks. Bernd Lahme vom THW in Höxter, Norbert Spieker, Löschgruppenführer der Feuerwehr Lütmarsen sowie DRK-Fachberater Elmar Schwarzendahl besprechen noch einmal das Vorgehen der Einsatzkräfte, während die Fahrzeuge von THW, DRK und Feuerwehr bereits mit Blaulicht zum Tatort rollen. Inzwischen ist es 10.28 Uhr, als die Retter eintreffen. Zunächst gibt es eine Besprechung der Führungskräfte. Die Einsatzleitung übernimmt Matthias Elsner vom THW, der die Helfer zunächst zur Erkundung der Lage schickt. Sie sollen feststellen, wo die Vermissten -Êsehr überzeugend von Mitgliedern der THW-Jugend gespielt -Êsich befinden und wie sie befreit werden können.
Währenddessen beginnt die Fachgruppe Wassergefahren des THW damit, am Weserufer eine Fähre zu bauen. Das ist reinste Knochenarbeit: Allein der Hauptträger, der auf die Pontons gelegt wird, wiegt 140 Kilogramm. Insgesamt werden drei Tonnen Material verbaut. Ruckzuck hat auch das DRK die Behandlungszelte errichtet, in denen die Verletzten und die Einsatzkräfte versorgt werden sollen.
Kurz vor 11 Uhr ist die Erkundung abgeschlossen. »Die Vermissten sind zum Teil schwer verletzt, haben Knochenbrüche oder Brandverletzungen«, lautet das Ergebnis, das dem Einsatzleiter überbracht wird. Nun wird beschlossen, wer welche Aufgaben übernimmt. Außerdem werden weitere Helfer alarmiert. Elmar Schwarzendahl: »Wir brauchen noch vier Notfallseelsorger, einen organisatorischen Leiter Rettungsdienst, den leitenden Notarzt und zwei Rettungshubschrauber.« Elsner fordert sie an.
Ein Einsatztrupp gerät an einer eingestürzten Brücke ins Schwitzen. Zunächst müssen hier mit einem Spreitzer Betonplatten entfernt und die Wände gestützt werden, um an den Verletzten herankommen zu können. THW und Feuerwehr helfen sich gegenseitig. An einem anderen Gebäude muss ein Schwerverletzter aus fünf Metern Tiefe geborgen werden. Während die DRK-Sanitäter das Opfer medizinisch versorgen und in eine Vakuummatratze legen, bauen THW und Feuerwehr aus Leitern eine schiefe Ebene. Eine Holzkonstruktion sichert die Transportschiene ab. Alles muss sicher stehen, denn schließlich soll ja das Opfer bei der Bergung keine weiteren Verletzungen erleiden.
Bereits um 11.20 Uhr kann die Fähre des THW die ersten Verletzten aufnehmen. Fährenführer Michael Wroblewski gibt die Signale, mit denen er das große Wasserfahrzeug über den breiten Strom dirigiert. Die Verletzten kommen sicher an Land und werden dort von Rettungswagen aufgenommen.
Als die letzten Opfer geborgen werden sollen, entwickelt sich in einem Gebäude ein Brand. Besonders gefährlich: In dem Raum sind Giftfässer deponiert. Nun rollt die Löschgruppe Lütmarsen die Schläuche aus und pumpt das Löschwasser aus der Weser.
Erst um 16.30 Uhr ist Übungsende. Die Helfer sind geschafft -Êes war ein anstrengender Tag. Bei der Abschlussbesprechung gibt es aber nur zufriedene Gesichter. »Trotz kleinerer Schwierigkeiten hat alles gut geklappt. Wir haben eine gute Basis für die künftige Zusammenarbeit«, stellt der stellvertretende THW-Ortsbeauftragte Thorsten Götz fest.

Artikel vom 18.09.2006