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Bauern im Wettlauf um den Erntekranz

Brigitte Förster erinnert sich an ihre Jugend auf dem Bauernhof - Rüben einzeln ausgezogen

Von Maike Stahl
Schlangen (SZ). Endspurt bei der Arbeit auf dem Feld, bedeutete der Spätsommer für Brigitte Förster in ihrer Kindheit in Meerhof. Gerne erinnert sich die Rentnerin an die Erntebräuche, die damals noch mehr gepflegt worden seien als heute. Auch deshalb ist es ihr ein Anliegen über die »alte Zeit« zu berichten, die allerdings auch nicht immer gut gewesen sei.
Ihrem Bruder musste Brigitte Förster bei der Feldarbeit wie der Heuernte zur Seite stehen.Foto: SZ
»Wenn das letzte Fuder eingebracht wurde, wurde der Wagen mit dem Erntekranz geschmückt, der dann später zu Hause an die Deelentür genagelt wurde«, erzählt die Bauerstochter. Zwischen den Bauern sei so ein regelrechter Wettbewerb bei der Kornernte entstanden, denn derjenige, der zuletzt den Erntekranz aufgehängt hatte, sei beim Erntedankfest in der Regel von den anderen geneckt worden.
Doch nach der Feier war die Ernte noch nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: Jetzt wartete der aus Sicht von Brigitte Förster härteste Teil der Arbeit auf die Bauernfamilie - die Rübenernte. »Die mussten mit der Hand einzeln ausgezogen und dann mit dem Stoßeisen von den Blättern befreit werden«, erzählt sie. Mit dem Kastenwagen wurden die Rüben dann auf die große Deele gefahren, wo sie in den Viehkeller geworfen wurden.
»Wenn der Keller sich füllte, aber noch Rüben da waren, musste ich hineinkriechen und sie in die Ecken werfen, die noch nicht aufgefüllt waren«, berichtet Brigitte Förster. Das sei eine äußerst unangenehme Aufgabe gewesen, da zwischen dem Rübenberg, auf dem sie bäuchlings lag, und der Kellerdecke nur sehr wenig Platz gewesen und die Luft knapp geworden sei. »Aber ich war die kleinste und passte am ehesten durch das Kellerfenster, das anschließend als Ausgang diente«, erzählt sie.
Auch die Kartoffelernte sei sehr anstrengend und in den ersten Tagen mit reichlich Muskelkater verbunden gewesen. »Wir sind von morgens bis abends hinter dem Roder hergelaufen und haben die Kartoffeln aufgesammelt, die an beiden Seiten ausgeworfen wurden«, erinnert sie sich noch genau an diese mühevolle Tätigkeit. Oftmals seien sie erst nach Einbruch der Dunkelheit wieder ins Haus gekommen, wo die Kartoffeln auf der Deele gelagert wurden.
»Nach der Ernte mussten dann die Ställe für das Vieh auf Vordermann gebracht werden«, berichtet Brigitte Förster. Schließlich wurde das Vieh von den manchmal fünf Kilometer entfernt liegenden Weiden wieder hereingetrieben. »Klar, dass es dann nahtlos weiter ging mit füttern, melken und vielen anderen Tätigkeiten im Stall«, erzählt die Meerhoferin.
Doch auch die angenehmen Seiten des Spätsommers und Herbstes hat sie in Erinnerung behalten. Zum Beispiel die Bratäpfel, die nach der Ernte in die Backröhre geschoben wurden und ihren süßen Duft im ganzen Haus verbreitet haben und Vorfreude auf die Weihnachtszeit weckten.

Artikel vom 16.09.2006