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Fahrlässigkeit führt zu
einem tragischen Tod

50-jährige Frau erlitt Verbrennungen beim Duschen

Herford /Bad Oeynhausen (cl). »Es war eine schicksalhafte Folge der Verbrühung mit anschließender Sepsis (Blutvergiftung, Anmerk. der Red.)«, schloss das Gutachten, das die Staatsanwaltschaft Bielefeld zum Tod der 50-jährigen Franka G. (Namen geändert) eingeholt hatte. Es war eine tragische Geschichte, die sich im Mai 2005 im Haus Simon III des Wittekindshofes ereignet hatte.

An jenem Tag wurde Franka G. von dem 58-jährigen Krankenpfleger Walter B. in jenem Gebäudetrakt geduscht. Dabei wurden ihr fahrlässig Verbrennungen zweiten Grades an den Innenseiten der Beine und dem Gesäß zugefügt.
Am gestrigen Freitag stellte das Herforder Schöffengericht den Prozess wegen fahrlässiger Tötung gegen 2 000 Euro Geldauflage ein, die aber nach dem Wunsch von Oberstaatsanwalt Klaus-Detlef Roewer ausdrücklich nicht der Wittekindshof, sondern die Bodelschwinghschen Anstalten Bielefeld bekommen sollen.
Der Angeklagte bedauerte die Verletzungen und den Tod seiner Schutzbefohlenen zutiefst, wies aber die direkte Schuld weitgehend von sich.
Er und sein Verteidiger Achim Süllwold legten jüngste Gutachten vor, die eine Überleitungsstörung von seinen Händen zum Gehirn und eine fehlerhafte Sensibilität an seinen Fingern und Händen bestätigen. So habe er nicht bemerkt, dass die Wassertemperatur sich sprunghaft erhöht hatte. Die 50-Jährige war schwer geistig behindert, konnte nicht sprechen und hatte eine stark verzögerte Schmerzwahrnehmung.
Doch auch weitere unglückliche Komponenten vervollständigten die Tragik: Die Temperaturregelung der Wasserzufuhr wäre seit langem defekt und stark unregelmäßig gewesen, hieß es gestern vor Gericht. Das wäre auch bekannt gewesen. Erst unmittelbar nach dem Vorfall wären im Keller Thermostate eingebaut worden, die die maximale Wassertemperatur drosseln sollen.
Dass Franka G. anschließend noch eine volle Woche in ihrem Zimmer medizinisch versorgt wurde, war ebenfalls unglücklich. Dann setzte eine Gruppenmitarbeiterin die Einweisung ins Klinikum Minden durch, von wo aus Franka G. umgehend nach Dortmund verlegt wurde, Dort, im Zentrum für Schwerstbrandverletzte, verstarb sie schließlich einen Monat später nach multiplem Organversagen.
Walter B. bekam nach dem Vorfall die fristlose Kündigung, vor dem Arbeitsgericht wurde als Vergleich eine fristgemäße betriebsbedingte Kündigung ausgehandelt. Der Angeklagte wird wohl vor seinem (Vor-) Ruhestand keine Arbeitsstelle mehr bekommen.

Artikel vom 16.09.2006