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Bürger halten in der Not zusammen

Bürgermeister Hermann Hecker zieht Bilanz -ÊRathaus erstrahlt im neuen Glanz

Von Ingo Schmitz
Höxter (WB). Das erste, was Bürgermeister Hermann Hecker von der Explosions-Katastrophe sah, war ein riesiger Pilz aus Staub und Rauch, der sich über die Stadt gelegt hatte. Angesichts der vielen Schicksale zieht der Bürgermeister in der sechsten Folge der WESTFALEN-BLATT-Serie aber auch eine positive Bilanz: Das schreckliche Ereignis habe gezeigt, dass die Bürger in der Not zusammen halten und füreinander da sind.

Als Günther Hartmann am Montag, 19. September 2005, um 9.12 Uhr sein Haus in die Luft sprengte, hielt sich Hermann Hecker in Recklinghausen auf. Der Bürgermeister wurde telefonisch über die Katastrophe benachrichtigt. »Ich habe zunächst an eine ungewollte Gasexplosion gedacht - wie 1968. Wenig später wurde ich aber informiert, dass die Detonation bewusst ausgelöst worden war.«
Hecker trat sofort die Rückfahrt an, um in dieser entsetzlichen Situation seinen Bürgern beizustehen. »Ich war fassungslos, es sah aus wie nach einem Bombenangriff«, erinnert sich der Bürgermeister an die Bilder vom Tatort, die er noch immer vor Augen hat. In Zahlen ausgedrückt: drei Tote, 56 Verletzte, 70 beschädigte Häuser, 27 beschädigte Autos sowie mehrere Familien, die ihre Wohnungen verloren haben. Die Schadenssumme gibt die Stadt mit sieben Millionen Euro an.
Das grausame Werk des 64-jährigen Günther Hartmann hat das Gesicht der Stadt verändert. Insbesondere das Historische Rathaus und das Stender-Haus wurden schwer beschädigt. Doch zum Jahrestag, so verspricht Hecker, wird das Rathaus wieder im neuen Glanz erstrahlen. Derzeit laufen die Restarbeiten. Selbst das Gerüst, das seit April die Fassade verhüllt hatte, ist nun entfernt. Zwei Kerzen, die auf dem Gehweg stehen, erinnern aber an das Schicksal der beiden unschuldigen Menschen, die durch die Explosion ihr Leben verloren haben.
Der erste Mann der Stadt ist froh, dass das Rathaus als Bollwerk für den Rest der Stadt gewirkt hat. Ein Großteil der Druckwelle sei durch das historische Gemäuer aufgehalten worden - sonst wären die Schäden in der Westerbachstraße wohl noch größer gewesen. »Die Sanierung des Rathauses ist hervorragend aufgearbeitet worden«, lobt Hecker. Auf 650 000 Euro beläuft sich der Schaden - der Löwenanteil ist in die Neueindeckung des Daches geflossen. Außerdem wurden alle Fenster und Möbel sowie viele Türen zerstört. Da sich die Ostwand verschoben hatte, mussten viele Gefache erneuert werden. Selbst der erst acht Jahre alte Parkettboden im Ratssaal war nicht mehr zu retten. Schon bald wird auch das beliebte Glockenspiel wieder erklingen. Neu installiert wurde bei der Sanierung eine Medienwand und ein Projektionsgerät. Hecker: »Den neuen Beamer müssen wir aus eigener Tasche bezahlen, das übernimmt die Versicherung nicht.«
Da das Rathaus wegen der Explosion nicht genutzt werden konnte, musste auch die Tourist-Info umziehen: erst ins Stadthaus, später ins Küsterhaus, das ebenfalls zunächst repariert werden musste (150 000 Euro Schaden). In Kürze wird die Tourist-Info aber wieder im Historischen Rathaus untergebracht sein.
Trotz der vielen organisatorischen Dinge, die nach der Explosion erledigt werden mussten, hielt der Bürgermeister Kontakt zu den Hinterbliebenen und Opfern. »Die große Spendenbereitschaft und die Hilfen, die den Geschädigten von Bürgern angeboten wurden, haben mich tief beeindruckt«, sagt der Bürgermeister, der nun aber auch nach vorne blicken möchte.
Ihm sei wichtig, dass das zum großen Teil zerstörte Stender-Haus mit seiner stadtbildprägenden Fassade erhalten bleibt. Diesbezüglich gebe es eindeutige Signale vom Eigentümer, der bereit sei, tief in die Tasche zu greifen, damit dies gelingt. Für das Hartmann-Areal soll ein Architekten-Wettbewerb ausgelobt werden, um die Baulücke angemessen schließen zu können.
In Folge sieben der WESTFALEN-BLATT-Serie »Die Explosion Éein Jahr danach« am Dienstag, 19. September, kommen Höxteraner Bürgerinnen und Bürger in einer Umfrage zu Wort.

Artikel vom 16.09.2006