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Über »Pappnase« lacht keiner

Undisziplinierter Antwerpen erstickt aufkommende Euphorie im Keim

Von Dirk Heidemann
und Marco Purkhart (Fotos)
Gütersloh (WB). Oliver Ruhnert ballte am Freitagabend die Fäuste: SF Oestrich-Iserlohns Trainer feierte das 0:0 fast wie einen Sieg. Trotz der Nullnummer und trotz des 2:1-Erfolgs von Preußen Münster gegen Bochum II bleibt der weiter ungeschlagene FC Gütersloh 2000 auf dem Tabellenthron. Allerdings muss der FCG in den kommenden Wochen wohl eine schwere Hypothek tragen: Marco Antwerpen droht nach seinem überflüssigen Platzverweis eine vierwöchige Sperre.

Keine Überraschung: Die Gäste verkrochen sich zunächst in ihrer eigenen Hälfte. Die Absicht der Ruhnert-Renner lag auf der Hand: So lange wie möglich das 0:0 halten. Der FCG machte sofort Druck, um das Konzept des Gegners früh zu durchkreuzen. Doch beinahe wäre der Schuss nach hinten losgegangen, weil zwei Mal die Gütersloher Innenverteidigung kräftig schnarchte. Erster Schreck in der 24. Minute: Serafettin Sarisoy tauchte vor Kuschmanns Kasten auf, rutschte zum Glück aber an der Kugel vorbei. Zweiter Schreck in der 26. Minute: Nach einem Stellungsfehler von Miletic noch einmal FCG-Dusel, weil der blank stehende Samir Tahri die Kugel nicht richtig traf.
Prompt folgte aber die Antwort des Spitzenreiters: Renato Bauer scheiterte mit einem Lupfer über Torwart Braun hinweg nur knapp - der nachsetzende Bienemann erwischte den Ball nicht mehr (27.). Die nächste Chance fünf Minuten später: Braun wehrte einen Bauer-Schuss zur Ecke ab.
Und dann kam richtig Farbe in die Partie. Im Mittelpunkt: Hitzkopf Marco Antwerpen. Erst kassierte der Torjäger die gelbe Karte, da er sich beim Schiedsrichter über eine Abseitsentscheidung beschwert hatte. Nur 180 Sekunden danach - voraus ging erneut ein fragwürdiges Abseits - winkte Linienrichter Eric Wolske mit seiner Fahne. Nach kurzer Befragung des Spielleiters zückte dieser die knallrote Karte für Antwerpen, der dem Schiri-Assistenten offensichtlich ein paar unfreundliche Worte geflüstert haben muss.
»Der Schiedsrichter hat mir gesagt, dass lediglich der Begriff ÝPappnaseÜ gefallen sein soll. Meiner Meinung nach kann es für eine Pappnase nur zwei Wochen Sperre geben«, hofft Thomas Stratos auf mildernde Umstände für seinen einmal mehr undisziplinierten Stürmer. Aufregung auch auf der FCG-Bank: Der motzende Stratos (»Ich habe gar nichts gemacht«) wurde auf die Tribüne geschickt. Beinahe hätte es für die Hausherren einen zweiten Schock gegeben: Kurz vor der Pause versemmelte Christian Spielmann, der sich sogar die Ecke aussuchen konnte, per Kopfball völlig freistehend die größte Chance der ersten Halbzeit.
Doch die Stratos-Schützlinge fingen sich schnell wieder und begannen die zweite Hälfte - trotz Unterzahl - so dominant wie die erste: Mehr Spielanteile und ein deutliches Übergewicht. Marinko Miletic versuchte es zur Abwechslung mal mit einem Überraschungsschuss, der über die Querstange sauste (53.). Und nach einer Stunde erwischte es auch einen Iserlohner: Levent Gökcek sah nach einem Foul an Bauer die gelb-rote Karte. Mit Folgen für den Brasilianer - der Neuzugang hatte sich das Knie verdreht und konnte nicht weitermachen.
Ohne den vom Platz geflogenen Antwerpen und ohne den ausgewechselten Kreativkicker Bauer rannten die Dalkestädter vergebens gegen das Oestricher Bollwerk an. Letzter taktischer Versuch: Miletic wurde nach vorne beordert, aber um ein Haar hätte Iserlohn alle drei Punkte mitgenommen. »Da schießt der Scherer fünf Meter vor dem Tor doch Goeseke auf den Rücken«, konnte Ruhnert sein Pech in der 87. Minute kaum fassen.

Artikel vom 16.09.2006