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Grenzstein in
neuem Glanz

Langen Dornröschenschlaf beendet

Vlotho/Wüsten (bu). Aus seinem Dornröschenschlaf haben die Heimatfreunde Wüsten den historischen Grenzstein geweckt, der an der Vlothoer Straße zwischen der Weserstadt und Wüsten-Pehlen steht und ehemals die Grenze zwischen Lippe und Preußen markierte. Inzwischen fristete er jahrelang ein Dasein in Vergessenheit, zugewuchert vom Buschwerk an der Bushaltestelle »Steinbrüntorfer Straße«. Seit einigen Tagen ist er nun vom Strauchwerk befreit und die Lippische Rose sowie das Preußen-Wappen erstrahlen in neuem Glanz.

Mit Genehmigung der zuständigen Behörden hatten die Wüstener Heimatfreunde unter Leitung ihres Vorsitzenden Albert Siegert den Stein vom Gestrüpp befreit und aufpoliert. Der Wüstener Steinmetz Wilhelm Sümnich sorgte für eine neue Lippische Rose und mit Hilfe des Restaurators Horst Schneider konnte auch das Preußen-Wappen instand gesetzt werden.
Wie der Vlothoer Heimatforscher August-Wilhelm König von der Geschichtswerkstatt Exter auf Anfrage erläuterte, markiert dieser mannshohe, turmähnliche Stein nicht nur einen Grenzverlauf, sondern auch den Beginn einer neuen Epoche in der Verkehrsgeschichte zwischen Vlotho und Bad Salzuflen. »Seine Errichtung fällt in die Zeit, als die ersten planmäßig angelegten und befestigten Straßen, die so genannten »Kunststraßen«, entstanden. Sie wurden 1847 zwischen Votho und Erder sowie 1852 von Vlotho über Hollwiesen, Wüsten nach Bad Salzuflen gebaut. »Für diese großen Straßen wurden entsprechend repräsentative Grenzsteine wie der an der Vlothoer Straße gebraucht«, weiß König zu berichten. In der Region gebe es übrigens nicht viele dieser Repräsentations-Grenzsteine. So seien weitere Exemplare an der Herforder Straße, an der alten B 66 und in Schlangen an der B 1 zu finden.
Die damals modernen »Kunststraßen« bündelten die verschiedenen Varianten des historischen Frankfurt-Bremer-Handelsweges, auf denen seit Jahrhunderten unter anderem das Salz aus Bad Salzuflen Richtung Vlotho und Minden mit Karren transportiert worden war. Diese oft ausgefahrenen und morastigen Hohlwege, die zahlreich an der Grenze zwischen Ravensberg und Lippe beziehungsweise später zwischen Preußen und Lippe existierten, hatten den zunehmenden Verkehr im Amt Vlotho im 19. Jahrhundert nicht mehr verkraftet.
Wirtschaftlich hatte der Bau dieser neuen Straßen bedeutende Konsequenzen. Denn die alten Wege verloren mit dem Wegfall des Fernverkehrs ihre Bedeutung. Zudem taten die seit der Gründung des Deutschen Zollvereins (1834) geschlossenen Vereinbarungen ihr übriges, um den auf diesen Nebenstrecken und Schleichpfaden bis dahin florierenden Schmuggel von Luxusgütern wie Salz, Zucker, Gewürzen und Tabak wirtschaftlich unattraktiv zu machen. Gerade in diesem Grenzgebiet hatten die Aktivitäten von Schmugglerbanden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert arge Blüten getrieben.

Artikel vom 16.09.2006