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»Rucksack« voller Sprache

Niederländisches Projekt startet am 18. September in Harsewinkel

Harsewinkel (jaf). Den »Rucksack«, vollbepackt mit Sprache, schnallt jetzt auch die Stadt Harsewinkel auf. Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein in Rotterdam entwickeltes Sprachförderprogramm für Migrantenkinder, das ab dem 18. September erstmalig in OWL eingeführt wird - und zwar in den Harsewinkeler Kindergärten »Arche Noah« und »Findikus«.

Warum gerade in Harsewinkel? »Hier leben Menschen aus 76 Nationen, die Migrantenquote ist mit neun Prozent Ausländer- und acht Prozent Aussiedleranteil überdurchschnittlich hoch. Viele davon beherrschen die deutsche Sprache nur unzureichend und zum Teil gar nicht. Und gerade da wollen wir ansetzen«, erläuterte die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Monika Edler-Rustige. Auf das niederländische Projekt, das von der Essener RAA (Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Migrantenfamilien) vom Niederländischen ins Deutsche übersetzt und an deutsche Verhältnisse angepasst wurde, stieß Bürgermeisterin Sabine Amsbeck-Dopheide: »Der Begriff Rucksack hat mich stutzig gemacht. Einen Rucksack braucht man, wenn man sich auf den Weg macht, auf den Weg zur Sprachförderung zum Beispiel«.
Das Projekt selbst wurde gestern von der Essener RAA-Leiterin Dr. Monika Springer-Geldmacher im Harsewinkeler Rathaus vorgestellt: »Ziel ist es, ein verbessertes Sprachverständnis in der Muttersprache und in der deutschen Sprache zu erreichen. Im Vordergrund steht ein ganzheitliches Lernen statt eines isolierten Sprachtrainings. Das neunmonatige Programm ist für Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren konzipiert«. Und das Ganze funktioniert so: Die Mütter arbeiten mit ihren Kindern in der Muttersprache und die Kindergärten in der Zweitsprache Deutsch. Sprich: Eltern werden unter Anleitung der beiden Elternbegleiterinnen Leyla Bozkurt (türkische Sprache) und Inga Arify (russische Sprache) und mit Hilfe von Arbeitsmaterialien auf die Förderung der Muttersprache vorbereitet. »Die Resonanz bei den Eltern ist sehr positiv«, so Leyla Bozkurt, die den »Rucksack« fest aufsattelt.
Dabei setzt die Stadt Harsewinkel bereits im Kindergartenalter an - und das ganz bewusst. »Kinder sind Super-Lerner. Sie lernen mit dem Herzen - und am besten ohne Druck und ohne Dogma«, so Dr. Springer-Geldmacher. Die beiden Kindergartenleiterinnen Maria Waltermann (Arche Noah) und Katrin Scheffler (Findikus) sehen ebenfalls große Chancen in dem »Rucksack«-Projekt, das von der hiesigen Sparkasse durch echte Rucksäcke, in denen das Material verpackt ist, gesponsert wird. Und auch der Rotary-Club Halle/Westfalen konnte für eine Unterstützung des 6504 Euro teuren Projekts gewonnen werden. Dann kann der »Rucksack«, vollbepackt mit Sprache, am Montag ja getrost geöffnet werden.

Artikel vom 15.09.2006