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Globetrotter auf zwei Rädern

Mit 80 Jahren geht Ferdi Kottmann in den Touren-Ruhestand

Salzkotten (eb). Sein Sitzfleisch sei noch vollkommen in Ordnung und auch sonst gäbe es keine gesundheitlichen Probleme. Ferdi Kottmann klopft mit beiden Händen auf das Hinterteil seiner schwarzen Lederhose und gibt gleichzeitig ein verschmitzes Lächeln preis. Stolze 80 Jahre alt ist der Mann, der da drahtig und schlank im Biker-Outfit auf dem Salzkottener Marktplatz ins Sonnenlicht blinzelt. Das Motorradfahren ist seine große Leidenschaft. Jetzt nahm er aber Abschied von den ganz großen Touren.

Eine halbe Million Kilometer habe er auf seinen Motorrädern abgesessen, dabei viel gesehen und noch mehr kennen gelernt, doch nun sei Schluss mit den weiten Touren, lautet das Credo, das er seinen Familienmitgliedern und Freunden zu verkünden hatte.
Schwer fallen werde es ihm schon, gerade wo er nach einer einwöchigen Schottlandtour festgestellt habe, dass es noch recht gut klappt. »Aber lieber ein rechtzeitiges Aufhören, als ein Ende mit Schrecken«, unterstreicht der rüstige Biker mit klaren Worten und einer Handbewegung, die einem Schlussstrich gleich kommt. Natürlich werde er seine 650 BMW, die er ja erst vor drei Jahren gekauft habe, nicht einmotten oder verkaufen. »Nee, kleine Touren werde ich natürlich noch weiter machen.« Auch diese Tagestrips wird Ferdi Kottmann, wie übrigens fast alle seiner großen Touren, allein fahren. »Motorradfahren ist ein Sport für Individualisten und das Alleinfahren ist sicherer als das Fahren in der Gruppe«, so seine Erkenntnis nach mehr als 60 Jahren auf dem Motorrad.
Mit dieser Theorie ist er offenbar all die Jahre gut gefahren. Toi, toi, toi - keinen einzigen Unfall hat er während gehabt. »Ich habe immer darauf geachtet, vorausschauend zu fahren. So war ich auf gefährliche Situationen vorbereitet und konnte entsprechend reagieren«, ein Rat, den er auch seinen Motorradfreunden, und davon gibt es eine gewaltige Menge, stets weitergegeben hat.
Rund 40 der befreundeten Biker waren mit ihren Maschinen zur offiziellen »Tourenruhestandserklärung« nach Salzkotten gekommen. Klar, dass dabei so manche Anekdote und so manch« schönes gemeinsame Erlebnis in Erinnerung gerufen wurde.
Die Beziehung Motorrad-Mensch nahm bei Ferdi Kottmann seinen Anfang, als er nach einer Kfz-Ausbildung in seinem Geburtsort Hamm und dem anschließenden Maschinenbaustudium in Dortmund seine erste Anstellung in Köln fand. »Da Geld im Allgemeinen und Fahrgeld sowieso knapp war, kaufte ich mir ein altes Motorrad, eine BSA 350. Mit der ging es an jedem Wochenende, im Winter wie im Sommer, von Hamm nach Köln und zurück«, erinnert sich Ferdi Kottmann noch an die Anfänge. Bei bitterer Kälte half er sich mit Zeitungen unter der Jacke. »Das war eine echte Tourtour.«
Doch die Zeiten besserten sich. Nach der alten englischen Maschine kam zunächst eine Zündapp und dann eine ganze Reihe von BMWs. Auch privat und beruflich gab«s Veränderungen. 1955 heirateten Ferdi und Thea Kottmann, die Kinder Ines, Ute und Olaf wurden geboren und es erfolgte der Umzug nach Salzkotten. Ferdi Kottmann baute ein Unternehmen für Industrieautomatisierung auf, das heute von seinem Sohn Olaf geleitet wird und 25 Mitarbeiter beschäftigt.
»Bei all dem habe ich mir aber immer die Zeit genommen, mit dem Motorrad durch die Welt zu fahren«, erinnert sich der heutige Seniorchef. Süditalien, Spanien, Südfrankreich, England -Êdie Liste ließe sich endlos fortsetzen -Êwaren seine Ziele. Zahlreiche Menschen habe er dabei kennen gelernt, und mit einigen verbinde ihn seit vielen Jahren eine feste Freundschaft.

Artikel vom 16.09.2006