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Ohne Frühstück machen
Schüler schnell schlapp

Immer mehr kommen ohne Pausenbrot zum Unterricht

Halle (WB). Immer mehr Kinder und Jugendliche, etwa zehn Prozent, kommen in die Schule, ohne vorher etwas gegessen zu haben. Und noch mehr Schüler, geschätzt etwa 20 Prozent, bringen sich auch nichts für die große Pause mit. Ein Phänomen, das auch an den weiterführenden Schulen in Halle beobachtet wird.

Wenn eins der Mädchen im Sportunterricht plötzlich schlapp macht, sich setzen muss oder schon nach kurzer Zeit völlig aus der Puste ist, weiß Sportlehrerin Cornelia Räger meist die Ursache: Die haben noch nichts gefrühstückt. »Das ärgert mich immer wieder, denn die Schülerinnen oder Schüler sind ohne Essen weniger belastbar - manchmal sackt sogar der Kreislauf ab.« Cornelia Räger ist am Kreisgymnasium auch für das Thema gesundes Frühstück zuständig, organisiert jährlich die Gesundheitstage mit den sechsten Klassen, bei denen auch vermittelt wird, wie man richtig isst, um fit durch den Tag zu kommen (Siehe Info-Kasten). Ihre Hoffnung: Vielleicht bleibt etwas davon hängen, denn mit zunehmendem Alter scheint die Freude am Frühstück zu sinken.
Das beobachtet auch Marie-Theres Brinkmann, Konrektorin an der Realschule. Auch hier ist es schon vorgekommen, dass bei einem Mädchen plötzlich der Kreislauf »in den Keller« gesackt ist, weil sie noch nicht gefrühstückt hatte. »Ich kann so früh noch nichts essen«, lautet häufig die Aussage, wenn die Mädchen oder Jungen angesprochen werden. Oft hat es aber wohl einen anderen Grund: Die Eltern sind morgens in der Küche nicht mehr dabei, um auf die Ernährung ihrer »Kids« zu achten. Oder sie verweigern »das ewige Vollkornbrot« zugunsten frischer Backwaren - und bekommen dafür von zu Hause auch noch Geld mit.
Davon profitiert im Kreisgymnasium ein privater Anbieter, der in der Pausenhalle entsprechende Schülerwünsche erfüllt, und die »Kiosk AG« an der Realschule. Hier schieben die Schüler täglich knapp 300 Käse- und Rosinenbrötchen, Schoko- und Käse-Croissants sowie Käsestangen mit Belag, alles fertig angeliefert, durch die Fensterluken des Kiosks. 600 Euro bleiben jeden Monat unter dem Strich übrig, die für schulische Anschaffungen, aber auch als Spende beispielsweise an den Laibach-Hof fließen - 1000 Euro allein in 2005. Die Kriterien des gesunden Frühstücks, da sind sich die Lehrerinnen einig, erfüllen diese »Snacks« aber nur bedingt.
In der Grundschule herrscht, auch dank gezielter Projekte und Elternansprache, noch eine heilere Frühstückswelt, wie die Schulleiterinnen Erika Puhlmann (Gartnisch) und Ingrid Hajou (Lindenschule) bestätigten. In Gartnisch startet Lehrerin Sigrid Schrader in Kürze sogar ein gemeinsames Müsli-Frühstück. Die Eltern haben ihre Unterstützung zugesagt - und die Kinder hören in diesem Alter ja auch noch auf sie.

Artikel vom 14.09.2006