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Betriebsrat: Brauerei
baut Arbeitsplätze ab

Gespräche abgebrochen - Arbeitsgericht angerufen

Von Gerold Brinkmann
Herford/Hiddenhausen (HK). Bis zu 60 Arbeitsplätze will die Geschäftsführung der Brauerei abbauen. Das befürchten Betriebsrat und Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG). Auf einer Betriebsversammlung wurde die angespannte Situation des Unternehmens gestern erörtert.

Nachdem die Brauerei von einstmals 1,1 Millionen Hektoliter Bierabsatz pro Jahr auf inzwischen 550 000 Hektoliter zurückgefallen ist, greift die Unternehmensleitung zu deutlichen Sparmaßnahmen. 2003 wurden 65 Beschäftigte mit Sozialplan in die Altersteilzeit geschickt, 35 wurde gekündigt. Jetzt sind noch 235 Mitarbeiter im Unternehmen.
Das sind offenbar immer noch zu viele. Seit Jahresanfang verhandeln Geschäftsführung, Betriebsrat und NGG über weitere Maßnahmen. Nach Darstellung der NGG, dessen Regionalsekretär Werner Dümpelmann die Medien gestern informierte, hatten Arbeitnehmer- wie Arbeitgeberseite Konzepte entwickelt. Während die Unternehmensleitung nach Darstellung der NGG bis zu 60 Arbeitsplätze abbauen will, suchte die Arbeitnehmerseite nach einer Lösung ohne betriebsbedingte Kündigungen. Dabei erklärte sich laut Dümpelmann die überwiegende Mehrheit der Belegschaft bereit, auf durchschnittlich acht Prozent der Löhne und Gehälter zu verzichten, die Arbeitszeit zu reduzieren und flexibler, das heißt saisonabhängiger, zu gestalten.
Insgesamt geht es um ein Einsparvolumen von etwa 2,5 bis drei Millionen Euro. Eine Consultingfirma befand den Arbeitnehmervorschlag nach Darstellung der NGG für überzeugend. Doch die Unternehmensleitung wollte darüber hinaus zehn bis zwölf Arbeitsplätze zusätzlich abbauen. Das hat die Arbeitnehmerseite abgelehnt. Darauf hat die Unternehmensleitung nach Darstellung von NGG und Betriebsrat die Gespräche abgebrochen. Sie erklärte, erste Kündigungen Ende September auszusprechen. Betroffen sein soll vor allem die Logistik des Unternehmens. Dazu gehören Verfüllung und Verladen des Bieres. Der Effekt sei überschaubar, meint die NGG. Denn für die regulären Arbeitnehmer müsse die Brauerei Leiharbeiter einstellen. Kündigungen könnten ohnehin nur begrenzt ausgesprochen werden, da 70 Mitarbeiter nach einer Betriebsvereinbarung unkündbar sind. Sie sind älter als 54 Jahre und arbeiten länger als zehn Jahre im Betrieb. Gekündigt werden könne nur Jüngeren, wodurch der Altersdurchschnitt im Unternehmen von derzeit 47 auf 53 Jahre steige.
NGG und Betriebsrat haben den Rechtsanwalt Klaus Pahde eingeschaltet, der erste juristische Schritte einleitete. Er hat beim Arbeitsgericht Herford eine Verfügung eingereicht, wonach das Unternehmen ohne Abschluss eines Interessensausgleiches keine Kündigungen aussprechen dürfen soll. Außerdem hat Pahde die Bildung einer Einigungsstelle beantragt, die über die Reduzierung der Arbeitszeit im Unternehmen befinden soll.
Die NGG beklagt, dass die Unternehmensleitung der Brauerei ausschließlich auf Personalkosteneinsparungen fixiert sei. Sie gehe selbst aber nicht mit gutem Beispiel voran. Denn mit Beginn dieses Monats würden wieder drei statt vorher zwei Geschäftsführer das Unternehmen lenken. Ein vierter Geschäftsführer, von dem sich das Unternehmen 2005/06 getrennt habe, erhalte gemäß seinem Vertrag immer noch die vollen Bezüge.
Von der Geschäftsführung war gestern keine Stellungnahme zu den Vorgängen zu erhalten.

Artikel vom 12.09.2006