12.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Manneskraft stoppt Pferdestärken

120 Starts beim Pulling und Tauziehen beim Treckerclub Tölkenkamp

Von Monika Schönfeld
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Hat Ferdi Schnieders jetzt den Rückwärtsgang eingelegt, oder was? »Die haben mich festgehalten«, verzieht er das Gesicht. Gut, nur für Sekundenbruchteile, dann hatte der 12 PS starke Trecker der Marke Holder, Baujahr 1958, wieder mehr Kraft. Mehr Kraft als die starken Jungs aus Schöning, Manfred Keimeier, Frank Ringkamp, Reinhard Schnittker und Markus Brockmeier, die von Manuel Hermneuwöhner aus Liemke verstärkt worden sind.

Das Tauziehen - fünf Mannstärken gegen zwölf Pferdestärken - war nur eine Jux-Disziplin, bei der alle Männer über den Acker von Hubert Westermeier gezogen wurden. Gekommen waren Menschen mit ihren alten oder neuen Treckern, um zu zeigen, was ihre »Boliden« drauf haben. 80 Trecker starteten, um gegen den Bremswagen ihre Kraft zu messen. Insgesamt organisierten Ferdi Schnieders, Norbert Dirkschnieder, Werner Lienen, Markus Hörster, Gerd Eikenbusch, Detlef Schiermeyer, Wigbert Hegselmann, Pascal Hegselmann, Günther Hegselmann, Mike Altemeier, Josef Altemeier, Olaf Walther, Alfred Trapphoff und Hubert Westermeier mit den Stechen 120 Starts.
»Das muss doch zu schaffen sein«, sagten sich Gäste des Treckerclubs Tölkenkamp und versuchten, den Bremswagen »in leichtester Ausführung« mit einem Gewicht von zwei Tonnen mit einem VW Golf Country oder einem Geländewagen zu ziehen. Keine Chance, nicht umsonst gibt es Trecker.
Erst die Kleinen, dann die Großen: Den Start macht Olaf Walther mit einem Deutz, 14 PS, Baujahr 1951. Die Räder ziehen an, der Trecker bäumt sich wie ein Pferd mit den Vorderreifen hoch. 1,87 Meter schafft er, dann graben sich die großen Hinterräder in die schwarze Erde. Aber gleich der zweite Starter schafft zwischen Mais-, Senf- und Spargelfeldern den »Full Pull« und zieht den tonnenschweren Bremswagen die maximale Strecke von 55 Metern.
»Wir fahren ohne Zusatzgewicht«, sagt Mike Altemeier, einer der Organisatoren. Das hat Werner Lienen nicht so genau genommen und setzte seinen knapp zwei Jahre alten Sohn Simon auf seinen Schoß hinter dem Steuer. Muss geholfen haben - er erreichte in seiner Klasse Platz 1.
Der Treckerclub Tölkenkamp richtet das Treckertreffen alle zwei Jahre im Wechsel mit Schöning aus. Anfangs war es jährlich auf dem Hof am Kampweg. Deshalb ist Altemeier mit dem Zählen etwas durcheinander gekommen. Es könnte das 15. Treckertreffen - »oder so« - gewesen sein.
Mit 40 Kilometern ist der Einzugsbereich erreicht - die Trecker sind teils schon äußerst betagt. Außerdem glänzen sie durch Kraft, nicht durch Geschwindigkeit. Die meisten Teilnehmer sind Hobbyfahrer - wie Marcus McCracken, der einen 15-PS-Deutz, Baujahr 1951 fährt. Im richtigen Leben ist er Berufskraftfahrer. Er ist Mitglied der St.-Hubertus-Schützenbruderschaft Sande. Und die hat eine Arbeitsgruppe Brauchtum und Heimatpflege, die so einige alte Trecker ihr eigen nennt. Ähnlich ist es in Schöning - so wundert es nicht, dass die Jungschützen der Bruderschaft St. Meinolf Schöning stark vertreten waren. Inzwischen wird das Treckertreffen abwechselnd in Stukenbrock und in Schöning ausgerichtet. Aus Schloß Holte-Stukenbrock sind einige »echte« Landwirte dabei - Hubert Westermeier, Werner Lienen im Nebenerwerb oder Wilfried Erichsmeier gehören dazu. Auch Helmut Altemeier, der seinen Trecker mit einem Ortsschild »Liemke - Ein Paradies auf Erden« ziert, scheint der Landwirtschaft nicht fremd zu sein.
Während die Männer sich um die starken Sachen kümmerten, hatten die Frauen für Kaffee und Kuchen und eine Hüpfburg zur Kinderbelustigung auf dem Hof Westermeier gesorgt. Abends feierten die Teilnehmer nach der Siegerehrung einen zünftigen Scheunenball, bei dem auch eine Western-Show-Dance-Gruppe aufgetreten ist.

Artikel vom 12.09.2006