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»Immer Neues
ausprobieren«

Gitarrist Toto Blanke wird morgen 70

Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Er füllt zwar nicht so große Hallen wie Rüdiger Hoffmann - außerhalb Deutschlands aber hat Toto Blanke einen weitaus klangvolleren Namen. Der international vielleicht bekannteste Paderborner Künstler wird an diesem Samstag 70 Jahre alt.

»Schon 70?«, mag mancher Jazzfreund angesichts des ungebrochen quirligen Auftretens des Saitenvirtuosen ungläubig fragen. Und in der Tat sieht man dem in der Paderstadt aufgewachsenen Profi-Musiker sein Alter nicht an. Sicher: das Haar und der markante Schnurrbart sind grau, die Falten im Gesicht ein bisschen tiefer geworden. Aber die kecken braunen Augen blitzen so schelmisch wie eh und je, und das leicht spöttische Lächeln verrät Offenheit und Neugier.
Die hat sich Toto Blanke bis heute bewahrt, obwohl es in der aktuellen Musikszene kaum etwas gibt, was ihm nicht geläufig wäre. Vieles davon hat er selbst ausprobiert. Schon früh zog es den gelernten Architekten vom Reißbrett weg in die Jazzkeller und auf die Festivalbühnen. Seither erfindet er Klangräume statt Wohnzimmer . »Ich will einfach immer neue Sachen ausprobieren, wenn ich auf meiner Gitarre rumfummle«, so der Musiker.
Anfang der siebziger Jahre galt er als einer der Senkrechtstarter der internationalen Jazzszene, nachdem die von Blanke und dem Niederländer Jasper vant'Hof gegründete Band »Association P.C.« 1971 die Berliner Jazztage förmlich elektrisiert hatte. Der von ihnen gespielte Jazzrock war nicht nur auf sechs Langspielplatten, sondern auch live rund um den Erdball zu hören.
Als der Musiker Anfang der achtziger Jahren den Prager Gitarristen Rudolf Dasek traf, begann eine neue musikalische Phase. »Bis dahin hatte ich auf der Bühne ausschließlich elektrische Gitarre gespielt«, erinnert sich Blanke. Seither nimmt das akustische Saitenspiel bei ihm mindestens einen ebenso breiten Klangraum ein. An der Seite von Dasek öffnete sich Toto Blanke auch der Weltmusik, wobei sein Stil rhythmisch und harmonisch stets dem Jazz verpflichtet blieb. Im Vorjahr spielte er das vorerst letzte Konzert mit seinem schwer erkrankten Prager Musikkumpel.
Eigentlich hört der Jubilar auf den Vornamen Otto. Den Spitznamen »Toto« verpassten ihm seine Mitschüler auf dem Gymnasium Theodorianum - und dabei ist es geblieben. Seiner Heimatstadt ist Blanke trotz jährlicher Auslandsreisen - so besitzt er eine kleine Nebenwohnung im spanischen Dali-Ort Caraces - immer treu geblieben. Hier unterhält er nach wie vor seinen Hauptwohnsitz mit eigenem Studio, sein kleiner »Twingo« fährt das »PB« auf dem Kennzeichen spazieren, und seine Heimspiele sind ein »Muss« für alle Paderborner Musikliebhaber - auch wenn die Auftritte in den letzten Jahren seltener geworden sind. Die Organisation des alljährlichen Paderborner Gitarren-Festivals hat er mittlerweile abgegeben. Doch von seinen brillanten Kontakten vor allem nach Südeuropa und Lateinamerika profitieren auch seine Nachfolger.
In seinen Konzerten ist Toto mittlerweile oft der Älteste. »Das Publikum wird immer jünger«, staunt Blanke. Die Gitarre sei eben immer noch das Volksinstrument Nummer eins. Ohne tägliches Üben kommt aber auch ein »alter Hase« wie er nicht aus. »Ein bis zwei Stunden müsen es schon sein - wenn's geht auch länger«, so Toto. »Die Finger müssen beweglich bleiben.« Als neues Hobby hat Blanke inzwischen das Filmen entdeckt. »Ich laufe mit dem Camcorder durch die Gegend - das macht Spaß«, schmunzelt Toto. Anschließend werden die Kurzfilme von ihm selbst vertont.
Seinen Geburtstag verbringt Blanke aber nicht daheim in Paderborn und auch nicht an seinem Zweitwohnsitz Hamburg, wo seine Lebensgefährtin zu Hause ist. »Ich wollte noch einmal nach Kuba - solange Fidel Castro noch lebt«, hat er sich einen Wunsch erfüllt. Seine Gitarre hat er natürlich dabei. »Die nehme ich immer mit, wenn ich abends in die Kneipe gehe«, erzählt Toto. »Das öffentliche Musizieren auf der Straße oder in den Bars hat auf Kuba einfach Tradition.«

Artikel vom 15.09.2006