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EGB-Schüler auf Robert Doisneaus Spuren

Differenzierungskurs Kommunikation&Medien arbeitet im Fach Digitale Fotografie


Bünde (BZ). Ein verletzter Schimmel liegt umgeknickt im Schmutz der Pariser Straßen, eine Tänzerin lehnt sich an einen älteren Mann, dem das sehr gefällt, seiner matronenhaften Ehefrau nicht. Die Kinder auf den Straßen mit ihren Milchkannen, diese Meuten von Autofahrern, die im Pulk verharren vor einer Dame, die auf Stöckelschuhen unsicher einen Kinderwagen aus der Gefahrenzone bringen möchte. Mehr als 60 Schülerinnen und Schüler des Erich-Gutenberg-Kollegs, Differenzierungskurs Kommunikation&Medien der Höheren Handelsschule, besuchten jetzt die Ausstellung Robert Doisneau im Graphik-Museum Pablo Picasso in Münster.
In Gruppen erarbeiteten sie eigene Fotografien in der Innenstadt Münsters nach den Motiven von Doisneau, dem Meister der geometrischen Dreier-Beziehung.
Nicht nur der berühmte »Kuss« (»Baiser de l'Hôtel de Ville«) ist von Robert Doisneau, sondern es gibt viele andere Beiträge zu einer Ikonographie der Moderne zu entdecken, die der Pariser Fotograf (1912-1994) im Laufe seines Lebens geschaffen hat. Am Rande bemerkt: Am 25. April 2005 wurde dieses Foto mit dem Werkstempel Doisneaus vom Pariser Auktionshaus Artcurial für 155 000 Euro an einen anonymen Bieter aus der Schweiz versteigert - bei einem Startpreis von 10 000 Euro und einem Schätzpreis von 15 000 bis 20 000 Euro. Bei dem ersteigerten Foto handelt es sich um den originalen Erstabzug. Er befand sich bis zur Versteigerung im Besitz der abgelichteten Françoise Bornet.
Im Differenzierungskurs am EGB lernen Schülerinnen und Schüler im Bereich Medien mit der digitalen Kamera und deren Technik umzugehen. »Ich wünsche mir, dass sie ein Auge für die Details des Lebens bekommen und dies dann in einem Foto festhalten. Eine 1/60 Sekunde Lebenswirklichkeit vielleicht nur, aber immerhin - ein Bruchteil des Lebens«, so definiert Rolf Ruck, Lehrbeauftragter für Kommunikation und Medien seinen Lehrauftrag. Doisneau erscheint für den Betrachter wie der Chronist der »Sekundenjahre«, wie jene Musik liebenden Metzger zum Beispiel, die sich von einer Akkordeon-Spielerin ablenken lassen, eine Hommage an die alten Markthallen von Paris, in denen die Haute Volaute sich ebenso bei Zwiebelsuppe labte oder bei den »Madames« für zehn Francs das schnelle kleine Glück suchte, wie die Metzger und Fleischausschäler. Oder jener Junge, der verstohlen auf eine Schuluhr im Klassenzimmer schaut. Dazu muss man wissen, dass Robert Doisneau als Betriebsfotograf von Renault wegen mehrmaligen Zuspätkommens gefeuert wurde.
Die Fotoarbeiten, alle in schwarz-weiß, werden in der egb-art-gallery ab Oktober zu sehen sein.

Artikel vom 12.09.2006