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Torwart Thiel
untröstlich

Patzer verhindert das Wunder

Von Peter Klute
Delbrück (WV). Noch ein kurzer Schluck aus der Pulle und dann schnell weg von diesem Ort. Marco Thiel verließ nach dem Schlusspfiff fluchtartig sein Tor, um dann am Mittelkreis kopfschüttelnd und einsam zu verweilen. Routinier Ulf Raschke tröstete als Erster den Pechvogel des Delbrücker SC, der Gang zu den treuesten Fans dürfte Thiel am Samstag aber trotzdem so schwer gefallen sein wie nie.

Das unschöne Wort mit »SCH« am Anfang war das erste, was dem Keeper nach dem 2:4 (0:1) gegen den SC Freiburg und dem Pokalaus des Oberligisten gegen den Zweitligisten über die Lippen kam. Seine Gedanken nach dem Schlusspfiff kreisten immer wieder um die 73. Minute. Der Außenseiter hatte den 0:1-Rückstand gedreht, war durch einen Doppelschlag kurz nach der Pause durch Kapitän Rino Capretti und Ansgar Kuhn 2:1 in Führung gegangen und hatte die Sensation vor Augen. Freiburg war geschockt. »Die haben nur noch lange Bälle gespielt«, beschrieb Florian Fulland die Ohnmacht der Breisgau-Brasilianer.
Doch genau so ein langer Ball und Unglücksrabe Thiel drehten die Partie ein zweites und letztes Mal. Eine harmlos scheinende Flanke näherte sich dem Delbrücker Schlussmann. Der verließ seinen Kasten, schrie energisch »Torwart«, entließ damit seine Vorderleute aus der Verantwortung - und packte daneben. Roda Antar köpfte mühelos zum Ausgleich ins leere Tor. »Wenn er ruft, muss er ihn haben und ich war mir sicher, dass er den Ball bekommt«, meinte Ansgar Kuhn, der durch Thiels Patzer vom vermeintlichen Helden und Siegtorschützen zu einem Verlierer unter vielen wurde. Ulf Raschke sprach von einem »Super-Bock« und dem »Schlimmsten was einem Torwart passieren kann«, doch beide machten ihrem Keeper ebenso keinen Vorwurf (»Das ist Fußball und kann passieren, er hat vorher super gehalten«) wie Trainer Roger Schmidt: »Marco hat uns mit seinen Paraden in der ersten Halbzeit überhaupt im Spiel gehalten.«
Für Thiel war das ein schwacher Trost: »Das Ding geht klar auf meine Kappe, ich habe Antar nicht gesehen. Es ist einfach nur ärgerlich, denn wir haben alles gegeben und hätten den Sieg verdient gehabt. Wenn das Tor nicht fällt, wäre hier ein Wunder passiert.« So aber erlebten Thiel und der DSC ihr »blaues Wunder«. Das 2:2 war, wie Wirtschaftsratsmitglied Heinz Austerschmidt es ausdrückte, »der Genickschuss«. Raschke sagte: »Danach sind wir wie ein Kartenhaus zusammengefallen.«
Keine 60 Sekunden später führte Soumaila Coulibaly die Gäste mit einem Freistoßknaller in den linken Winkel endgültig auf die Siegerstraße. »Als der Ball über die Mauer flog, wusste ich sofort, dass es keinen Sinn macht zu reagieren«, kommentierte Thiel das für ihn unhaltbare 2:3.
Vor dem Spiel hatte er sich auf die »Raketen« des Freiburger Mittelfeldspielers gefreut, entschärfen konnte er diese eine nicht. »Da kannst du nichts machen. Wir haben vorher noch geflachst, dass wir eine Mauer am 16er bilden, wenn Coulibaly einen Abstoß macht. Wenn der anläuft, kannst du 20 Mann in die Mauer stellen, bei der Wucht wird immer einer eine Lücke lassen«, sagte Raschke.

Artikel vom 11.09.2006