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Ein Notarzt hatte Frank W. vor Ort wiederbelebt, doch das Opfer erlag später im Krankenhaus den Schussverletzungen. Foto: Pierel

Mit zwei Schüssen hingerichtet

Fahnder standen vor der Tür - Zwei Verdächtige in Haft - Motiv unklar

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Mit zwei aufgesetzten Schüssen ist am Donnerstagabend in Bielefeld der Kaufmann Frank W. (41) in seiner Firma hingerichtet worden. Nach WESTFALEN-BLATT-Informationen soll sich der Mord quasi unter den Augen nichtsahnender Zivilfahnder abgespielt haben. Deshalb konnten die mutmaßlichen Täter bereits sechs Stunden später in Dortmund gefasst werden.

Die Zivilfahnder, die nicht aus Ostwestfalen stammen sollen, hatten am Donnerstag den Russen Dimitry S. (39) und den Deutschrussen Peter J. (29) observiert, die beide in Hessen gemeldet und polizeibekannt sind. Gegen 20 Uhr stoppten die Osteuropäer ihren Wagen vor der Bielefelder Niederlassung der bundesweit tätigen Gebäudereinigungsfirma Piepenbrock. Die Zivilfahnder beobachteten, wie die Männer ausstiegen, das Gebäude betraten und nach etwa 30 Minuten wieder herauskamen. Als Dimitry S. und Peter J. davonfuhren, hängten sich die Fahnder wieder an deren Wagen - nicht ahnend, dass gerade ein Mord geschehen war.
Kurz vor 21 Uhr wurde Frank W., der Leiter der Bielefelder Piepenbrock-Niederlassung, von seiner Lebensgefährtin blutend in der Teeküche der Firma entdeckt. »Die Täter hatten ihm heimtückisch mit einer Schalldämpferwaffe in den Kopf und in den Rücken geschossen«, sagte Staatsanwalt Christoph Mackel am Freitagabend.
Die Lebensgefährtin war schreiend in eine benachbarte Tankstelle gestürzt, aus der ein Mitarbeiter an den Tatort lief und die blutenden Austrittswunde am Bauch abdrückte - vergeblich. Frank W. erlag in der Nacht im Krankenhaus Gilead seinen Verletzungen, ohne dass er noch etwas über seine Mörder hätte sagen können.
Die Bielefelder Polizei löste umgehend eine Großfahndung aus und nannte in ihrem Fahndungsersuchen auch die Tatortadresse. Davon erfuhren im Laufe der Nacht die fremden Zivilfahnder. Sie berichteten der Mordkommission von einer Wohnung in Dortmund, in der die beiden Osteuropäer verschwunden waren.
Beamte eines Spezialeinsatzkommandos stürmten das Haus Freitagmorgen gegen 2.30 Uhr und nahmen Dimitry S. und Peter J. fest. Später wurde auch die Tatwaffe, eine Pistole vom Kaliber 7.65 mm, in der Nähe der Autobahn 2 bei Bielefeld entdeckt. Ein Sprengstoffspürhund hatte sie erschnüffelt, nachdem die Zivilfahnder sich erinnert hatten, dass die Osteuropäer die Autobahn bei Bielefeld einmal kurz verlassen hatten - offenbar, um sich der Waffe zu entledigen.
Die Mordverdächtigen wurden zur Vernehmung ins Bielefelder Polizeipräsidium gebracht, machten jedoch keine Aussagen. Untersuchungsrichterin Ingrid Maatmann gab dem Antrag von Staatsanwalt Christoph Mackel statt und stellte Haftbefehle wegen Mordes aus. Auch gegenüber der Richterin sollen die beiden Tatverdächtigen sich nicht zu dem Mordvorwurf geäußert haben.
»Was uns noch Kopfzerbrechen bereitet, ist das Motiv«, sagte Mackel. Das Opfer Frank W. habe ein unauffälliges Leben geführt. Der Kaufmann leitete seit Jahren die Piepenbrock-Niederlassung, die unter anderem für Reinigung und Garderobenservice der Bielefelder Stadthalle und der Seidenstickerhalle zuständig ist.
Frank W. war verheiratet. Er hinterlässt drei Kinder: einen Sohn (5) und zwei Töchter im Alter von neun und zwölf Jahren, die mit ihrer Mutter in Bielefeld leben.
Das Ehepaar hatte sich vor geraumer Zeit getrennt. Frank W. wohnte zuletzt in Bad Oeynhausen und hatte ein Verhältnis mit jener Mitarbeiterin, die ihn am Donnerstag gefunden hatte. »Im Moment spricht allerdings nichts dafür, dass wir das Motiv im privaten Umfeld suchen müssten«, sagte Staatsanwalt Mackel.

Artikel vom 09.09.2006