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Eine Gießkanne auf Rädern

Pfiffige Erfindung der Bauhof-Mitarbeiter verhindert Verkehrschaos

Von Meike Oblau
Rietberg (WB). Was würden Sie machen, wenn Sie in der Rathausstraße nicht weiterkommen, weil Ihnen ein orangefarbenes Fahrzeug des Bauhofes den Weg versperrt, dessen Fahrer dabei ist, die an den Laternen angebrachten Blumenkübel zu bewässern? Sie würden sich höchstwahrscheinlich ärgern, erst recht, wenn Sie mitbekommen, dass dieses Fahrzeug dreimal in der Woche die Rathausstraße aus diesem Grund blockiert. Doch dank eines genialen Einfalls der Bauhof-Mitarbeiter kommt es nun gar nicht so weit.

Passend zum Besuch der Jury des Wettbewerbs »Entente Florale«, bei dem Rietberg bekanntlich kürzlich eine Goldmedaille einheimste, wurden die Blumenampeln an den Laternen an der Rathausstraße aufgehängt. Sieht ja auch wirklich schön aus. Doch wie soll man diese Blumen mit Wasser versorgen? »Eigentlich müssten wir dreimal wöchentlich unser mit einem 200-Liter-Tank ausgestattetes Bewässerungsfahrzeug durch die Rathausstraße schicken. Dann wäre der Ärger aber vorprogrammiert, weil sich sofort lange Staus bilden würden«, schildert der Leiter des Rietberger Bauhofes, Josef Brandtönies. Und jede dieser Bewässerungsaktionen würde dauern - denn insgesamt hängen in der Rathausstraße 50 dieser Blumenkübel.
Doch Gott sei Dank hat Josef Brandtönies einen wahren »Daniel Düsentrieb« im Bauhof. Sein Stellvertreter Albert Aufderheide nämlich hat mit einer an sich simplen, aber genialen Erfindung dafür gesorgt, dass das Bewässerungsfahrzeug des Bauhofes eben nicht die Rathausstraße blockiert, sondern in der Garage bleiben kann. 200 Liter kann nämlich auch ein Fußgänger auf dem Gehweg transportieren - wenn er nur die richtige Ausrüstung hat.
Und für die hat Albert Aufderheide gesorgt. Bei seinem Nachbarn, einem Landwirt, fragte er nach einem großen Milchfass. »Früher stellten die Landwirte ihre Milch in 200-Liter-Fässern an die Straße, dort wurden sie abgeholt. Heute kommt der Molkerei-LKW ja direkt auf die Höfe«, schildert Aufderheide. Sein Nachbar Karl-Heinz Orthaus überließ dem Tüftler gerne eines seiner Fässer, die auf eine Art großen Handwagen montiert sind. Zwei Gummireifen sorgen dafür, dass sich das Fass mühelos ziehen lässt - auch wenn es bis obenhin gefüllt ist.
Der erste Schritt war also getan, das Wasser zum Gießen der Blumen kann nun mit dem ehemaligen Milchwagen in die Rathausstraße gebracht werden. Aber wie kommt das Wasser in die Blumenampeln, die auf etwa zwei Metern Höhe hängen? Auch da fiel Albert Aufderheide natürlich etwas ein. An der Außenwand des Milchfasses wurde eine Pumpe angebaut, die pro Bewegung fast einen Liter Wasser pumpt. Ein langer Schlauch mit einem gebogenen Rohr am Ende sorgt dafür, dass das Wasser fast mühelos in die Kübel gelangt. Dreimal wöchentlich zieht Abdoula Ousmane, ein in Rietberg lebender Asylbewerber, nun los, um dafür zu sorgen, dass der neue Blumenschmuck in der Rathausstraße recht lange hält. »Er hat sich vor Jahren freiwillig beim Bauhof gemeldet und entlastet uns enorm«, lobt Brandtönies. Wenn Sie Abdoula Ousmane also künftig in der Rathaustraße sehen, dann freuen Sie sich: er sorgt sich nicht nur um die Blumen - sondern auch um die Nerven der Autofahrer!

Artikel vom 09.09.2006