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Publikum sieht klaren
Sieger im Kabarettduell

Im Universum steigen wieder »Rauchzeichen auf«


Bünde (jp). Wie geht ein Kabarettduell aus, in dem ein Radiomoderator und ein Biologiestudent aufeinander treffen? Zur Entschuldigung des Verlierers sei zu sagen: WDR 4 ist eben nicht Jedermanns Geschmack - das Kabarettduell im Universum schlägt dafür immer beim Publikum ein. Auch wenn am vergangenen Samstag nur etwa 40 Besucher die Duellanten im Kampf um die Kabarett-Zigarre verfolgten.
Stefan Verhasselt stellte sich seinem Kabarett Debüt, wollte aber nicht so recht überzeugen. Der witzige Einfall, die tägliche Radiosendung auf die Bühne des Universums zu bringen, scheitert an einer allzu engen Themenwahl. So beschränkt sich Verhasselt arg auf Mutterwitz und Proleten-Lacher, tunkte die Lieschens und Theos dieser Nation gleich mehrfach in die Tinte.
Nachbarschaftlicher Tratsch, der tägliche Streit um den perfekten Mandarinen-Chicoree-Salat oder die Anekdote zum neuen Schildkrötenaquarium, zwar hörenswert, dennoch nicht genug für eine Livesendung von 45 Minuten. Sehnlich wünschte sich der Zuschauer (Zuhörer) das, was im täglichen Rundfunkgeschäft gang und gäbe ist: Der Moderator hält einfach die Klappe und spielt die Musik ab. Der Titel seines Programms war bei Stefan Verhasselt tatsächlich Programm. Trotz einiger Lichtblicke blieb so am Ende nur noch ein »Machen Sie et juut!«.
Bei Phillip Weber hingegen wollte der Pointenfluss bis zum Ende nicht versiegen. Er ist ein Schiefstapler auf Höhenflug: Rotzfrech und intelligent dringt der Querdenker in das Wesen der Dinge ein und gibt in seinem zweiten Kabarettprogramm »Schief ins Leben« praktische Lebenshilfen für alle Gleichgesinnte. Aufgewachsen in Bayern, berichtete der Stereotyp eines Studenten über seine Kindheit, die vor allem von einem geprägt war: der CSU. »Die Parteienlandschaft in Bayern ist etwa so bunt wie ein abgebranntes Rapsfeld«, wusste Weber zu berichten. »Bei der Geburt kriegen Kinder bei uns keine Geburtsurkunde, sondern direkt ein Parteibuch der CSU.« Aber auch im schwärzesten Bayern mahnte Webers Vater immer zu Kritik gegenüber der Politik. Während Papa Weber aber noch gegen die »bösen Nazieltern« und Inkarnationen des Bösen« wie Franz-Josef Strauß wettern durfte, bleiben für Sohnemann im Jahr 2006 nur noch Feindbilder wie Steuber und Schäuble.
Ernstzunehmende Gegner finde sich so für Biologiestudenten nicht auf politischer Ebene, sondern im Vodaphone-Shop. Besonders tragisch: »Die Jugend von heute nimmt die Wirklichkeit nur noch durch digitale Realitäten eines Displays war.« Gut nur, dass das für Besucher des Universums am Samstag noch nicht zutraf. Gestochen scharf wurde so entschieden: Radiomoderator Stefan Verhasselt fair beklatscht, aber nur einer bejubelt Ñ Philip Weber.

Artikel vom 12.09.2006