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»Kammerflimmern« im Jugendhaus

Mehr als 250 Besucher kamen zur ersten spirituellen Nachtaktion nach Hardehausen

Hardehausen (tab). Die Pforten des alten Zisterzienserklosters Hardehausen sind weit geöffnet. Kerzen flackern in der Dunkelheit. Das großflächige Klostergelände wird zum Ort der Begegnung, des Gesprächs, der Stille, des Feierns, der Kunst, der Kultur und der Meditation.
Mehr als 250 Besucher kamen zu der zum ersten Mal vom Jugendhaus veranstalteten kulturellen-spirituellen Nachtaktion, um nachzudenken - über sich selbst, über Beziehungen, über Gott.
Die mit dem Stichwort »Kammerflimmern« überschriebene Veranstaltung lud zu einem Rundgang durch die Klosteranlage mit einer Reise ins Innere, einer Entdeckung des eigenen Ichs, ein. »Die Klosternacht ist ein Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene, unsere Arbeit vor Ort näher kennen zu lernen und sich inhaltlich mit den Themen auseinanderzusetzen«, sagte Georg Pahlke, stellvertretender Leiter des Jugendhauses Hardehausen. Gemeinsam mit Rektor Meinolf Wacker und dem pädagogischen Mitarbeiterteam der Einrichtung zeichnete er verantwortlich für die Organisation von »Kammerflimmern«.
Station Nummer eins: »die Tiefe«. Im Kellergewölbe unter dem Haupthaus sitzen sich Maura Porrmann und Clara Brockmeier im Schneidersitz gegenüber. Sie sind ganz in schwarz gekleidet. Die Mädchen falten ihre Hände und beginnen zu beten und zu singen.
Eine Etage höher steht im Eingangsbereich in großen Druckbuchstaben geschrieben: »Wiederaufbau und Zerstörung«. Drei heranwachsende junge Mädchen aus Sarajevo stehen im Rampenlicht. Danijela Remer, Nikolina Tuka und Martina Ivanko, die gerade ihr freiwilliges soziales Jahr ableisten, tanzen für den Frieden. »Gemeinschaft lässt neues Leben wachsen«, sagt Danijela Remer.
Szenenwechsel: Auf dem Dachboden des Jugendbauernhofes ertönt leises Gemurmel in der Dunkelheit. Menschen sitzen auf Strohballen. Musik ertönt von »Polyphone«, einer aus Köln angereisten Band. »Man braucht Augen, damit man sehen kann, bauen und bewegen kann«, singen die Sänger und werfen Texte zum sechsten Tag der Schöpfungsgeschichte auf eine Leinwand.
»Geborgenheit« - das ist die nächste Station im Stall des Jugendbauernhofes. Jugendhaus-Mitarbeiter Heinrich Lammers liest inmitten einer Schafherde Bibeltexte aus dem Alten Testament.
Auf der Wiese neben Klostermanns Hütte gibt es Feuerjonglagen mit dem Duo »Sanyasala« zu sehen. Christin und Martin Holfter, pädagogische Mitarbeiter aus Hessisch Oldendorf, sowie Kulturreferent Udo Reineke regen mit einem Vortrag über die zehn Gebote und einer Show mit Flammenwerfern zum Nachdenken über die Schuld an.
In der Michaelskapelle geht es weiter. Dort erinnern Arne Schumacher und Klemens Reich an das einfache Leben der Zisterziensermönche. »Sie reduzierten sich auf das Wesentliche, um Gott näher zu kommen«, sagt Klemens Reich. Ihr Thema: »Kontemplation«.
Ein paar Hundert Meter weiter im Gartenhaus: »Lebensfreude und Vergänglichkeit« steht dort geschrieben. Julius Sander aus Großeneder und Carolin Harms aus Hardehausen tragen Gedichte aus dem Zeitalter des Barock vor. Aufmerksam lauscht die Zuhörerschaft ihren Worten. Die Spannung zwischen der Freude am Dasein und dem Gedanken an die Vergänglichkeit ist dort Thema. Weitere Orte der Einkehr sind »Leid«, »Raum der Stille«, »Menschwerdung«, »Unendlichkeit«, »Krieg und Frieden«, »Glaubensgeschichte« und der Eine-Welt-Laden. Das ist die Station zum Auftanken. Bei Kerzenschein und ruhiger Entspannungs-Musik ist dies eine willkommene Gelegenheit zum Zurückziehen, zum Verarbeiten.
Abschließend gibt es ein gemeinsames Nachtgebet. Dann gehen die Besucher von »Kammerflimmern« mit ihren an diesem Abend gesammelten Gedanken und Erfahrungen in die Nacht.

Artikel vom 12.09.2006