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Skepsis gegenüber Bekenntnisschule

Kirchenleitung verteidigt Pläne für weitere Verwendung der Tagungsstätte Haus Reineberg

Von Thomas Hochstätter
Vlotho/Hüllhorst (VZ). Aus Haus Reineberg soll eine private Bekenntnisschule werden. Der evangelische Kirchenkreisverband Herford, Lübbecke, Minden, Vlotho will seine bisherige Tagungs- und Bildungsstätte in einem Ortsteil der Gemeinde Hüllhorst an den Christlichen Schulförderverein Lübbecker Land verkaufen.

Dieser Verein unterhält bereits seit 2004 im Stemweder Ortsteil Oppendorf eine Grundschule und würde dem Kirchenplan zufolge im Haus Reineberg gern ab dem Schuljahr 2007/8 eine weiterführende Schule betreiben. Die vertragliche Einigung soll bisher allerdings noch nicht perfekt sein.
Der Bad Oeynhausener Pfarrer Andreas Huneke, Superintendent des Kirchenkreises Vlotho und stellvertretender Vorsitzender des Kirchenkreisverbandes, sagte, alle Gespräche über eine gastronomische oder touristische Nutzung der Einrichtung seien gescheitert. Es gebe aus diesem Bereich keinerlei Kaufinteressenten mehr. »Die wenigen Interessenten sind nicht etwa wegen einer zu hoch angesetzten Kaufpreisforderung, sondern aufgrund des nicht zu erwartenden Umsatzes zurückgetreten.« Auch der Abriss der Immobilie sei deshalb nicht ausgeschlossen.
Im Jahr 2005 hatten alle vier Kirchenkreise beschlossen, die Trägerschaft von Haus Reineberg zum Jahresende 2007 aufzugeben. Eine Kostenanalyse hatte laut Huneke ergeben, dass es dem Verband aufgrund seiner öffentlich-rechtlichen Struktur nicht gelingen werde, mit dem Haus Reineberg schwarze Zahlen zu schreiben. Der jährliche Zuschussbedarf habe sich zuletzt auf 500 000 Euro belaufen. Das hätten sich die Kirchenkreise wegen sinkender Steuereinnahmen nicht mehr leisten können. Das Haus Reineberg hat derzeit noch 20 Mitarbeiter. Ob der Schulförderverein einen abgespeckten Tagungsstättenbetrieb aufrecht erhalten würde, ist noch unklar. Für die Schule selbst wären dem Vernehmen nach nur 24 Klassen- und Fachräume sowie eine Turnhalle nötig.
Gegen den Verkauf an den Verein regt sich allerdings Widerstand - auch in der Hüllhorster Kommunalpolitik, die das Bauvorhaben aufhalten könnte. Die geplante Lehrstätte bringe die Schullandschaft durcheinander und sei auch inhaltlich fragwürdig, heißt es. Huneke entgegnete: »Recherchen in Minden, Bielefeld und Detmold zeigen, dass die Schülerzahlen im Umfeld einer Bekenntnisschule nicht nennenswert sinken, da diese Schulen jeweils einen sehr großen Einzugsbereich von 25 Kilometern und mehr haben.« Auch könnten Jugendliche, die nach der zehnten Klassen von der neuen Schule abgingen, anschließend in die gymnasiale Oberstufe der Hüllhorster Gesamtschule wechseln.
Es sei unredlich, die Betreibergruppe pauschal als fundamentalistisch zu bezeichnen. Der Kirchenkreisverband werde das Haus gewiss nicht an unseriöse Interessenten weitergeben. Allerdings, so räumte Huneke ein, gebe es einige theologische Überzeugungen, die den Schulförderverein und die evangelische Kirchen trennten. Der Vorwurf der Integrationsfeindlichkeit und Rückwärtsgewandtheit bedürfe jedoch erst einmal sachlicher Überprüfung und Differenzierung.
Demnächst soll es eine öffentliche Informationsveranstaltung zur Zukunft des Hauses Reineberg geben. Daran würden alle vier Superintendenten teilnehmen, sagte Andreas Huneke zu.

Artikel vom 13.09.2006