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Weniger Kinder: Trend
holt die Gemeinde ein

Demografische Entwicklung: Politik muss planen

Von Annemarie Bluhm-Weinhold
Steinhagen (WB). Dieckmann und Niederwahrenbrock, demnächst König: Die Neubaugebiete und die vielen Zuzüge junger Familien haben Steinhagen in den vergangen Jahren ein gesundes Wachstum beschert. Doch die demografische Kurve können sie nicht umkehren. Nur verzögern. Steinhagen wird eingeholt vom allgemeinen Trend im Land, immer weniger Kinder, immer mehr alte Menschen.

Höchste Zeit, die Gemeindeentwicklung darauf abzustimmen: Das Thema demografische Entwicklung und Überalterung wird die Politik auf Jahre hinaus beschäftigen. Erstmals am kommenden Montag, 11. September, wenn Bürgermeister Klaus Besser im Sozialausschuss die Alterspyramide und ihre Auswirkungen auf Steinhagen vorstellt.
Noch nicht morgen, aber auf längere Sicht hat es natürlich erhebliche Folgen, wenn die Zahl der Babys in Steinhagen abnimmt: auf Kindergartenplätze und Schulentwicklung, auf die Ausweisung von Neubaugebieten, auf die Einrichtung von Pflegediensten und neuen Wohnformen für Ältere. Waren es 1990 noch 199 Neugeborene in der Gemeinde, so sank die Zahl allmählich auf 181 im vergangenen Jahr, so das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW. 178 Sterbefälle stehen dem in 2005 entgegen. »2006 könnte sich das Verhältnis erstmals umkehren«, befürchtet Bürgermeister Klaus Besser im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Bis zum 31. Juli waren jedenfalls erst 108 Neugeborene zu verzeichnen.
Bei den ersten Klassen der Grundschulen hat sich der Trend bereits gezeigt. Mit 194 Kindern wurden 17 weniger eingeschult als im vergangenen Jahr. Und während das Gymnasium derzeit noch munter wächst, kann der Bürgermeister schon jetzt aus den Prognosedaten sehen: »2013 sind die Spitzen im Sekundarstufenbereich erreicht. Danach geht es bergab«, so Besser: »Dann braucht man auch weniger Klassenräume.«
Auch bei Kindergartenplätzen wird in Zukunft kein Mangel mehr herrschen - im Gegenteil. Es sei absehbar, dass Gruppen, eventuell ganze Einrichtungen geschlossen werden, sagt der Bürgemeister. Für Jugendliche sind die Aussichten dagegen wieder besser: Kein Mangel mehr bei den Lehrstellen. »Die Ausbildungsplatzkrise wird sich auf natürliche Weise lösen«, so der Bürgermeister.
Natürlich wird man auch weniger neue Wohngebiete ausweisen müssen. Denn weniger Paare und Familien werden ein Haus bauen. Und es werden mehr Gebrauchtimmobilien in den Siedlungen frei.
Es wird auch neue Wohnformen für ältere menschen geben müssen, sagt der Bürgermeister. Betreutes Wohnen wie am Unteren Feld ist nur der Anfang - weitere müssen folgen. Servicewohnen, so heißt das Konzept - nich nur im neuen Baugebiet König. »Menschen, die heute 75 sind haben noch gute 20 Jahre vor sich, die sie überwiegend in den eigenen vier Wänden verbringen und brauchen nur in einzelnen Bereichen Unterstützung, beim Einkaufen oder im Haushalt ebenso wie durch einen ambulanten Pflegedienst«, erklärt Besser. Nichtsdestotrotz: Mit immer höherem Alter werden letztlich aber wohl auch mehr Pflegeplätze im Altenheim gebraucht. Reicht das Matthias-Claudius-Haus in Zukunft aus?

Artikel vom 07.09.2006