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Technisch und
musikalisch
voll ausgereift

Engelbert Schön an der Orgel

Verl-Kaunitz (fre). Warum gibt es in den Kirchen des Pastoralverbundes Verl - undÊdamit auch in Kaunitz -Êeigentlich keine Orgelkonzerte? Diese Frage stellten sich der Kirchenmusiker Engelbert Schön und die Zuhörer seines Konzertes am Sonntagabend in der Kaunitzer Marienkirche. Das Ergebnis:ÊJetzt wurde ein ganzer Zyklus ins Leben gerufen.

Selbst ältere Gemeindemitglieder und Konzertbesucher konnten sich am Sonntag nicht mehr an Orgelkonzerte in der Pfarrei erinnern. Wenn auch die Feith-Orgel in Kaunitz zuweilen an ihre Grenzen stieß, schaffte es Schön (Schüler unter anderem von Christoph Grohmann und Harald Gokus und Absolvent auch internationaler Meisterkurse), dem Instrument mit einem ausgesuchten Programm überzeugende Töne zu entlocken.
In satter Plenumsregistrierung eröffnete er den Abend mit Dietrich Buxtehudes F-Dur Toccata und Fuge BuxWV 157. Dabei wechselten sich rasante Läufe mit fanfarenhaften Elementen ab. Die Fuge gestaltete der Künstler kraftvoll zupackend. Vom selben Komponisten dann die e-Moll Ciacona, bei der sich über einem wiederkehrenden Pedalmotiv raffinierte Umspielungen und Koloraturen entwickelten.
In ruhig fließendem Duktus und mit prägnanter Kornett-Registrierung gestaltete der Organist Bachs »Schmücke dich, o liebe Seele« BWV 654, gefolgt vom schwermütigen und zugleich würdevollen c-Moll Praeludium BWV 546 samt gemächlich schreitender Fuge. Filigraner in seiner Anlage Justin Heinrich Knechts »Thema mit vier Veränderungen«. Bei diesem elegant-verspielten Oeuvre nutzte Schön vorzugsweise helle Flöten-Registrierungen.
Easthope Martins »Evensong« (»Abendlied«), bei dem das achte Krummhorn des Schwellwerks in tänzerischer Art und Weise vorzüglich zum Einsatz kam und das sanft säuselnd endete, folgte »Grand Choeur in D« von William Faulke, das die Besucher mit voller (Orgel-)Wucht aus der »Gute-Nacht-Stimmung« des »Evensong« heraus riss. Die beiden Stücke britischer Komponisten der Spätromantik sind das Ergebnis der erfolgreichen Suche Schöns nach bislang unentdeckten Perlen der Orgelmusikliteratur. Populär hingegen Louis Viernes »Impromptu« aus den Fantasiestücken op. 54, das von filigranem Laufwerk geprägt ist.
Mit ausladendem Orgelspiel, Duruflés Fuge über ein Thema aus Glockentönen der Kathedrale Soissons, wollte der Interpret seine begeistert applaudierenden Zuhörer entlassen. Um zwei (Bach-)Zugaben kam er indes nicht herum.
Meisterhaft und ausgereift war das Spiel Schöns, der technisch wie musikalisch einen ausgezeichneten Eindruck hinterließ und großes Gespür für gestalterische Elemente offenbarte.ÊAuch wenn die Orgel selbst zahlreiche Mängel aufweist: Hier war ein Künstler am Werk, der durch geschickte Registrierung wenigstens einige Schwächen zu umschiffen in der Lage ist.ÊEs wäre wünschenswert, wenn unter seiner künstlerischen Leitung der neue Orgelzyklus von Erfolg gekrönt wäre. Damit die Orgelmusik im Pastoralverbund einen neuen Stellenwert bekäme und auch wieder in den Veranstaltungskalendern auftauchte.

Artikel vom 06.09.2006