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Stadtwasser für Pool entwendet?

Espelkamper vor dem Amtsgericht

Espelkamp/Rahden (SaR). Beinahe fünf Jahre lang soll ein 64-jähriger Espelkamper auf seinem Grundstück städtisches Wasser entwendet haben, dessen Verbrauch nicht von der Wasseruhr erfasst wurde. Gestern musste er sich dafür vor dem Amtsgericht Rahden verantworten.

750 Kubikmeter Wasser im Wert von etwa 3000 Euro sollen zwischen Juli 1999 und Ende Juni 2004 geflossen sein. Die Stadtwerke Espelkamp waren nach einem Wasserrohrbruch im Hause des Angeklagten 2003 auf Unstimmigkeiten aufmerksam geworden.
»Das Abstellen der Wasseruhr wirkte sich nicht auf den Druck aus«, sagte ein Mitarbeiter der Stadtwerke vor Gericht. Nach einigen Untersuchungen an den Leitungen sei klar geworden: Es mussten Verbindungen zwischen den Leitungen vorhanden sein. Und tatsächlich fand man nach einer Untersuchung mit der Kamera zwei Abzweigungen, die auf eine unkontrollierte Wasserentnahme schließen ließen - eine Versorgung mit Wasser, die nicht von der Uhr gezählt wurde.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, mit dem entwendeten Wasser sein privates Schwimmbecken befüllt zu haben, was er jedoch bestritt. Er gab an, sein Wasser aus einem Brunnen zu beziehen. Zudem liege die angeblich gestohlene Menge weit über dem Fassungsvermögen seines Pools. Dieser fasse 75 Kubikmeter, was bedeute, dass das Wasser zehnmal hätte gewechselt werden müssen - für den Angeklagten ein Ding der Unmöglichkeit.
Der Angeklagte hatte das Grundstück in Espelkamp, auf dem sich ein Kurbetrieb sowie ein Gasthaus befinden, 1973 erworben und dort auch ein Wohnhaus errichtet. Damals wurden vorhandene Wasserleitungen mit neuen verknüpft. Die Gaststätte wurde 1981 verkauft, 1998 brannte das Kurhaus ab, die Nasspraxis wurde eingestellt. Schon damals habe es Misstrauen seitens der Stadtwerke gegeben, erläuterte der Angeklagte, denn für den Badebetrieb habe er ja kein Stadtwasser mehr benötigt, der Verbrauch sei also drastisch gesunken.
Ein Gutachter-Team aus Bielefeld hatte Ende 2004 abermals die Anschlüsse in Augenschein genommen. Bei einer Leitungsüberprüfung mit Kamera wurden nun sogar drei Abzweigungen gefunden. »Über alle konnte Wasser gezapft werden, ohne dass dieses von der Wasseruhr erfasst wurde«, stellte der Gutachter fest. »Die Versorgung aller Verbraucher mit eigenem Brunnen- sowie ungezähltem Stadtwasser war möglich.« Seit November 2004 sind die öffentlichen Leitungen für den Angeklagten gesperrt, er benutzt nun ausschließlich Brunnen-, Fluss- und Regenwasser.
Der Vorsitzende Richter konnte gestern noch keine Entscheidung treffen. Die Verhandlung wurde auf den 11. September vertagt. Der Gutachter wird noch einige Berechnungen zur Wasserentnahme anstellen müssen, um die Vorwürfe bestätigen zu können.

Artikel vom 05.09.2006