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Das große
Schweigen

Ping Pong vor Gericht

Von Wolfgang Clemm
Herford (HK). Richterin Claudia Schonscheck konnte endlich eine Ping Pong-Partie beenden, die die Justiz seit zweieinhalb Jahren beschäftigt. Am 19. Dezember 2003 kauften die 35-jährige Beate K. (alle Namen geändert) und der 38-jährige Detlef H. mit einer EC-Karte der Frau ein, obwohl ihr Konto keine Deckung aufwies.

Sie wurden gemeinsam wegen Betruges verurteilt, obwohl der Zuschauer Quirin D. sich lauthals einmischte und behauptete, am Tattag in einer reinen Männerrunde in der Wohnung gefeiert zu haben - Detlef H. könne gar nicht in den Geschäften gewesen sein.
Leider wurde er nun als Zeuge vernommen und nach deutschem Recht darf man zwar auf der Anklagebank nach Herzenslust lügen, nicht aber auf dem Zeugenstuhl. Wegen der Falschaussage, die er nun zu Gunsten seines Mitbewohners Detlef H. ablieferte, verdiente er sich ein eigenes Strafverfahren, half seinem Kumpel aber auch nicht, weil das Gericht ihm keinen Glauben schenkte.
In der nächsten Etappe war Quirin D. angeklagt, trug ungestraft seine Darstellung erneut vor, wurde aber wegen uneidlicher Falschaussage beim ersten Durchgang verurteilt. Diesmal war der ursprüngliche Angeklagte Detlef H. Zeuge und sagte vergeblich falsch aus.
Die Mittäterin Beate K. hatte zwar zuerst alle Schuld allein auf sich nehmen wollen. Ihre Aussage wurde aber durch verschiedene Unterschriften widerlegt. Außerdem dämmerte ihr, dass sie sonst allein für alle Schadensersatzansprüche der Supermärkte aufkommen muss. So korrigierte sie bei der Polizei ihre Aussage und belastete Detlef H. Alle drei Akteure sind übrigens seit Jahren arbeitslos.
Jetzt saß Detlef H. erneut wegen seiner uneidlichen falschen Zeugenaussage vor Gericht. Quirin D. mochte nichts mehr sagen. Dies war auch gut so, denn sonst wäre die unendliche Geschichte mit wechselnden Rollen ewig weitergegangen.
H. wurde zu fünf Monaten mit Bewährung und 150 Arbeitsstunden verurteilt, verkündete aber frohgemut, dass er gesundheitsbedingt dazu gar nicht in der Lage sei.

Artikel vom 05.09.2006